Jugendamt wegen Diebstahl, was kommt danach?

6 Antworten

"Ich kann mir das nur schwer erklären da ich erst 15, Erstäterin bin und es sich bei der geklauten Ware um 5€ handel"

Ja und? Man sollte nicht davon ausgehen, dass das Ganze nicht vor Gericht geht nur weil der Warenwert gering ist und man Ersttäter ist...

wir wissen nicht wie das ausgeht oder ob das vorzeitig eingestellt wird, lass dich überraschen 

GoldTopAnwalt  05.04.2017, 01:48

Schreib hier keine Opern. Die Justiz ist bei sowas kein Überraschungsei! 15 Jahre, Ersttäterin, 5 € Warenwert beim Diebstahl - jeder der halbwegs Ahnung hat ( hast du nicht und vermischt gerne mal Moral mit rechtlichem ) weiß, dass da nur wenige Sozialstunden gefordert werden.

Ja, du musst (sehr wahrscheinlich) vor Gericht. 

Offensichtlich hat die Staatsanwaltschaft dich angeklagt; und diese Anklageschrift hat nun das Jugendamt erreicht. Allerdings wird dir vom Gericht auch noch mitgeteilt werden (wenn du das bisher nicht erhalten hast), dass Anklage gegen dich erhoben wurde. Du hast dann die Möglichkeit, dich zu der Sache zu äußern, musst es aber nicht tun.

Anschließend wird das Gericht darüber entscheiden, ob das Hauptverfahren gegen dich eröffnet wird. Dann wirst du nochmals Post erhalten, mit der du zu dem Gerichtstermin vorgeladen wirst.

Dass du vor Gericht musst, bedeutet nicht zwangsläufig, dass du auch verurteilt wirst. Es ist gut möglich, dass das Verfahren in der Gerichtsverhandlung vorläufig eingestellt wird. Dann musst du gewisse Auflagen erfüllen (Sozialstunden zB), und anschließend wird das Verfahren dann endgültig eingestellt.

Die Jugendgerichtshilfe ist dazu da, sowohl dir zu helfen als auch dem Gericht über dich zu berichten. Sie ist sozusagen ein Bindeglied zwischen dem Gericht und dir. Den Termin solltest du unbedingt wahrnehmen, denn es macht einen sehr schlechten Eindruck (Stichwort mangelnde Einsicht), wenn du ihn versäumst.

GoldTopAnwalt  05.04.2017, 02:02

Sie muss überhaupt gar nichts! Und wenn, dann nur Sozialstunden leisten. Aber nicht vor Gericht erscheinen. Wenn man einen Termin mit dem Jugendamt nicht wahr nimmt, hat das rein gar nichts mit mangelnder Einsicht zu tun! 

Machst du gerne kleinen Mädchen unnötig Angst?

Friedel1848  05.04.2017, 11:53
@GoldTopAnwalt

Wenn das Jugendamt die Anklageschrift erhalten hat (wie die Fragestellerin das Jugendamt zitiert), bedeutet das unstrittig, dass die Staatsanwaltschaft schon Anklage erhoben hat. Das bedeutet in den allermeisten Fällen, dass es eine Hauptverhandlung geben wird. Das wiederum bedeutet, dass die Angeklagte vor Gericht zu erscheinen hat. Dass sie darüber natürlich vorher noch persönlich informiert werden muss, habe ich geschrieben.

Ich wundere mich zwar auch darüber, dass in einem solchen Fall Anklage erhoben wurde, denn normalerweise kann so etwas ohne Hauptverhandlung eingestellt werden gegen Ableistung von beispielsweise Sozialstunden. Aber da nunmal laut der Fragestellerin die Anklageschrift dem Jugendamt vorliegt, kann das nichts anderes bedeuten, als dass gegen die Fragestellerin Anklage von der Staatsanwaltschaft erhoben wurde.

Dass das Nicht-Wahrnehmen eines Termins rein theoretisch nichts mit mangelnder Einsicht zu tun hat, ist mir klar. Schließlich muss man als Beschuldigter gar nichts - außer zu erscheinen, wenn man von StA oder Gericht geladen wurde. Aber in der Praxis sieht das Ganze vielleicht etwas anders aus, denn dort kommt es auch auf den subjektiven Eindruck an. Und wenn die Jugendgerichtshilfe dem Richter in der Hauptverhandlung berichtet, dass die Angeklagte den Termin nicht wahrgenommen hat, dann kann es sein, dass darauf (wenn auch nur unterbewusst) Rückschlüsse auf mangelnde Einsicht gezogen werden.

Dazu ein Beispielfall, den ich selbst erlebt habe: Ein jugendlicher Angeklagter wird von der Jugendgerichtshilfe angeschrieben und ihm ein Termin genannt. Diesen kann er aus Zeitgründen nicht wahrnehmen, bittet aber telefonisch um einen anderen Termin. Das Gespräch soll daher unmittelbar vor der Hauptverhandlung stattfinden. Der Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe geht aber stattdessen einen Kaffee trinken, um dann in der Hauptverhandlung dem Richter zu berichten, der Jugendliche zeige keine oder mangelnde Einsicht, schließlich habe er den Termin mit ihm nicht wahrgenommen.

Daher mein Rat, den Termin wahrzunehmen. Angst machen wollte ich hier niemandem. Aber wenn jetzt hier jeder schreibt, die Sache geht nicht vor Gericht, dann macht ihr dem Mädchen unnötig Hoffnung, die dann bei einer Ladung zu Gericht jäh zerstört wird - selbst wenn auch vor Gericht keine schlimmen Konsequenzen drohen werden. Denn nochmals: Dass dem Jugendamt die Anklageschrift vorliegt, bedeutet schlicht und einfach, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat - und das führt in den meisten Fällen dazu, dass auch eine Hauptverhandlung folgen wird.

Friedel1848  05.04.2017, 12:06
@Friedel1848

Was ich noch vergessen habe:

Nach § 38 Abs. 2 S. 2 JGG äußert sich die Jugendgerichtshilfe vor Gericht auch zu den Maßnahmen, die gegen den Jugendlichen zu ergreifen sind. Das heißt, sie macht einen Vorschlag, welche Strafe ihrer Meinung nach sinnvoll erscheint bzw. wie das Verfahren beendet werden kann. Hier kann es in der Regel also nur hilfreich sein, den Termin wahrzunehmen und nicht der Jugendgerichtshilfe den Eindruck zu vermitteln, das Verfahren sei einem egal.

Natürlich ist und bleibt es so, dass das Gericht am Ende ein Entscheidung trifft, und nicht die Jugendgerichtshilfe. Dennoch wird sich der Richter auch oft auf den Sachverstand der Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe verlassen.

GoldTopAnwalt  06.04.2017, 13:52
@Friedel1848

Dieser ""Mit"arbeiter"" der Jugendgerichtshilfe regt mich sehr dolle auf.

Ansonsten Zustimmung.

Schlicht und ergreifend - warte es ab. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass es bei einem solchen Bagatellfall wirklich zu einer Verhandlung kommt. Das heißt aber garantiert nicht, dass ich Deine Tat "in Ordnung " finde.

Wenn, wird es wohl zu einigen Sozialstunden kommen, die hoffentlich dazu führen, dass Du nie wieder gerichtlich in Erscheinung trittst.

Das ist ein Schreiben von der Jugendgerichtshilfe. Das kommt immer, wenn ein Jugendlicher vor Gericht muß.

Die Jugendgerichtshilfe ist quasi Dein Anwalt und spricht vor Gericht für Dich.

Nach dem Termin beim Jugendamt kommt entweder die Verhandlung oder das Ganze wird eingestellt.

Du bist 15 Jahre, Ersttäterin, 5 € Warenwert und es liegt eine Anklageschrift vor? Kaum zu glauben. Aber ich denke, ich weiß wie der Hase hier laufen wird. 

Zunächst hast du dich eines Diebstahls geringwertiger Sachen ( § 242 StGB in Verbindung mit § 248a StGB ) strafbar gemacht. Nicht schön, aber eine der harmloseren Straftaten. Wichtig ist erst einmal, dass du dich nie wieder bewusst strafbar machst. Denke aus deiner Frage kann man schon eine ehrliche und deutliche Einsicht und Reue erkennen.  :)

Es ist in deinem Fall äußerst wahrscheinlich, dass du nicht vor Gericht und auch nicht zur Staatsanwaltschaft musst. Vielmehr wird sich das Gericht und die Staatsanwaltschaft mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt haben.

Also geh bitte zwingend zum Termin mit dem Jugendamt. Der ist natürlich keine Pflicht und es drohen dir daraus keine ernsthaften Konsequenzen. Aber gehst du dort nicht hin, dann lädt dich sicher erst einmal der Staatsanwalt vor ( wo du unbedingt erscheinen musst ) und fragt ( schimpft ), ob dir denn nicht an einer einfacheren Lösung gelegen ist.

Sei also bitte lieb und geh zum Jugendamt. Dort wird man dir höchstwahrscheinlich auf Anordnung der Justiz nahelegen, dass du bei einer vom Jugendamt bestimmten oder auch eventuell mit dir gemeinsam ausgesuchten Stelle, eine gewisse Anzahl Sozialstunden ( auch als Arbeitsstunden bezeichnet, 5 bis 30 werden es sein ) machen sollst.

Dafür hast du ca. 2 Monate Zeit. Also reichlich. Das ist immer so. Die abgeleisteten Stunden muss dir dein "Arbeitgeber" dann immer bescheinigen. Hast du alle Stunden abgeleistet, so weist du dies dem Jugendamt nach. Dieses reicht deine Unterlagen an die Justiz weiter. Die Staatsanwaltschaft stellt dein Verfahren dann vorläufig ein. Damit war es das für dich.

Dein Führungszeugnis bleibt absolut blütenweiß. Kein Mensch erfährt von deiner Tat. Du bist nur bei der Justiz/Polizei entsprechend aktenkundig, was aber nicht weiter schlimm ist.

Die meisten bestohlenen Läden verlangen eine sogenannte Fangprämie/Vertragsstrafe in Höhe von meist 75 € bis 120 € als zivilrechtliche "Strafe" und Verstoß gegen ihre Hausordnung. Diese Vertragsstrafen dürften vor allem in der Höhe und generell unzulässig sein. Das deinen Eltern zu verklickern, wird fast unmöglich sein.

Selbst wenn du ihn diesen Link hier vorzeigst:  http://blog.burhoff.de/2016/05/100-e-bearbeitungsgebuehr-fuer-einen-ladendiebstahlt-zu-hoch/

Deine Eltern zahlen den Mist wahrscheinlich und verlangen ihn dann von dir wieder. Das ist bitter, da diese Vertragsstrafe unzulässig sind.

Friedel1848  05.04.2017, 12:13

Ich bin ganz deiner Ansicht, dass es in einem Fall wie diesem eigentlich unwahrscheinlich ist, dass die Sache vor Gericht geht. Insofern sind deine Ausführungen auch richtig.

Das Problem ist nur folgende Passage aus der Frage: "ich habe ihre Anklageschrift erhalten".

Dass das Jugendamt eine Anklageschrift erhalten hat, bedeutet zwangsläufig, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren eben nicht einstellen möchte gegen Auflagen in Form von Sozialstunden. Nein, der gute Herr oder die gute Frau Staatsanwalt/-anwältin möchte eine Hauptverhandlung vor Gericht und hat daher Anklage erhoben.

Auch wenn man das anhand des Falles nicht für wahrscheinlich halten sollte, besagt diese Tatsache, dass es eben doch sehr wahrscheinlich zu einer Hauptverhandlung vor Gericht kommen wird. Zur Beruhigung kann man aber sagen: Ob die Sache jetzt vor Gericht gegen Ableistung von Sozialstunden eingstellt wird oder vorher mit den gleichen Konsequenzen, ist im Ergebnis egal. Der Unterschied ist nur, dass die dann Angeklagte eben vor Gericht erscheinen muss und das ganze für sich so in psychologischer Hinsicht als schlimmer darstellt.

GoldTopAnwalt  05.04.2017, 19:28
@Friedel1848

Stimme dir zu. Wobei ein Richter auch die Anklage abweisen, also nicht zur Hauptverhandlung zulassen kann. Auch wenn das relativ selten, in dem Fall aber sehr wahrscheinlich ist.

Wie krank/borniert muss man denn als Anklagebehörde sein, eine 15 jährige Ersttäterin wegen 5 € Warenwert anzuklagen? Die §§ 153 und 154 StPO sind der betreffenden Staatsanwältin bei ihrem Studium wohl vorbei gegangen....

Wenn in dem Fall keine Geringfügigkeit vorliegt oder man gegen Auflagen einstellen kann, wann dann?

Friedel1848  06.04.2017, 11:58
@GoldTopAnwalt

Gute Frage...

Ich tippe mal darauf, dass der Staatsanalt oder die Staatsanwältin der Fragestellerin "den Ernst der Lage" klar machen und sie dadurch von weiteren Straftaten abhalten will.

So eine Gerichtsverhandlung ist eben doch nochmal etwas anderes, als einfach nur sozusagen per Post aufgefordert zu werden, Sozialstunden zu machen.

Wichtig für die Fragestellerin ist aber, dass - egal ob jetzt Gerichtsverhandlung oder nicht - die Sache natürlich nicht gut, aber jetzt auch nicht dramatisch war. Und daher werden auch die Konsequenzen, ob jetzt in der Gerichtsverhandlung oder ohne, nicht besondern dramatisch ausfallen.

GoldTopAnwalt  06.04.2017, 13:50
@Friedel1848

Stimmt schon alles. Aber eine Gerichtsverhandlung halte ich trotz des Aspekts der Pädagogik für übertrieben.