Firmenstandort schließt - Kündigung, Abfindung oder Verlegung zu einem anderen Standort?

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Einige gute Anregungen hast ja bereits bekommen. Deine Frage lässt sich so sehr schwer beantworten. Ersteinmal vielen hier gewisse Hintergründe. Dies fängt rein praktisch bei der Unternehmensgröße an. Handelt es sich um einen Konzern? In welcher räumlichen Entfernung sind wie viele andere Standorte? Wird der Standort tatsächlich vollständig geschlossen? Zu welchem Zeitpunkt findet eine vollständige Schließung statt? Ist ein Betriebsrat vorhanden? Ist ein Konzernbetriebsrat vorhanden?

Wenn man dir als eine der Optionen eine Kündigung anbietet ist dies erst einmal eine Kündigung und nicht mehr. Ein gesetzlicher Anspruch auf Zahlung einer Abfindung besteht nicht. Ausnahmsweise kann sich jedoch ein solcher Anspruch aus einem Sozialplan ergeben, der wiederum bei einer Betriebsschließung, gäbe es ein Betriebsrat, verhandelt werden müsste.

Den Umzug hast dir von der praktischen Seite her schon verneint. Wie sich dies von der arbeitsrechtlichen Seite her darstellt, hängt von deinem Arbeitsvertrag ab. Welche Tätigkeitsort wurde vereinbart? Gibt es eine (wirksame) Versetzungsklausel?

Warum zahlt der Arbeitgeber überhaupt eine Abfindung? Das deutsche Arbeitsrecht verlangt, wenn sie in einem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate dauert, einen Kündigungsgrund. Der Kündigungsgrund muss in der Kündigung selbst nicht genannt werden. Erhebt der Arbeitnehmer fristwahrend, d.h. innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage, muss der Arbeitgeber im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens die Kündigungsgründe benennen und zu diesen ausführen. Die prozessualen Hürden sind hier sehr hoch gesetzt. Für beide Seiten ist es aus verschiedenen Gründen oft sinnvoll eine einvernehmliche Regelung, d.h. einen Vergleich zu vereinbaren. Teil des Vergleichs ist die Zahlung einer Abfindung. Beide Seiten vermeiden eine längere gerichtliche Auseinandersetzung. Der Arbeitgeber vermeidet das Risiko, einen ungeliebten Arbeitnehmer weiter beschäftigen und bezahlen zu müssen. Der Arbeitgeber erkauft sich sozusagen über die Abfindung die Möglichkeit „trotz“ des deutschen Arbeitsrechts, das Arbeitsverhältnis beenden zu können. Der Arbeitnehmer kann den Blick nach vorne richten und sich auf neue Aufgaben stürzen.Es wird also darauf ankommen wie hoch der Arbeitgeber sein Risiko einschätzt.

(zit aus http://www.kanzlei-mudter.de/habe-ich-anspruch-auf-eine-abfindung.html

Du siehst, eine konkrete Antwort auf deine Frage kann kaum gegeben werden. Auch dies scheint mir eine der Situation zu sein in denen eine Rechtsberatung durchaus Sinn macht. Es muss anhand der konkreten Hintergrundsinformationen, aber auch der arbeitsvertraglichen Absprachen deine rechtliche Situation genau geprüft werden. So ist dies nicht möglich. Das einzige Statement ist eben, dass ein Anspruch auf Abfindung grundsätzlich nie besteht. Ausnahmsweise wäre ein solcher Anspruch eben aus einem Sozialplan.

Es besteht bei betriebsbedingter Kündigung kein Anspruch auf Abfindung per se, es sei denn, der Arbeitgeber hätte bei Mitteilung der Kündigung ausdrücklich darauf hingewiesen, in diesem Fall müsste er diesen Hinweis später auch einhalten, ich gehe aber davon aus, dass es hier nicht so ist. Die Details hierzu richten sich nach § 1 KSchG.

Bietet der Arbeitgeber keine Abfindung von sich aus an, so muss der Arbeitnehmer klagen. Wenn jedoch aus betriebstechnischer Sicht tatsächlich keine andere Wahl als der Stellenabbau bestand und auch sonst alle gesetzlichen Erfordernisse eingehalten wurden, ist die Chance gering, den Prozess zu gewinnen.

Allerdings bieten viele Arbeitgeber freiwillig die Abfindung, um einem Rechtsstreit, der das strauchelnde Unternehmen noch mehr belasten würde, zu entgehen. In diesem Fall werden üblicherweise 0.5 Monatsgehälter pro Dienstjahr gezahlt.

Ich würde in deiner Situation so vorgehen:

Erkläre dem Arbeitgeber, dass du die neue Stelle nicht willst und erkläre ebenfalls, dass du erwägst, gegen die Kündigung zu klagen (die Frist für eine Kündigungsschutzklage beträgt nur drei Wochen ab schriftlicher Zustellung, es ist also Eile geboten). Frage den Arbeitgeber, ob er bereit wäre, sich auf eine Abfindung einzulassen, eine nachträgliche, freiwillige Regelung ist immer noch möglich, auch wenn bei der Kündigung kein Hinweis erfolgt ist. Stimmt der Arbeitgeber nicht zu, musst du klagen.

Was meinen Sie mit "alle gesetzlichen Erfordernisse -

Am Freitag Mittag kam die Meldung und am Montag muss die Entscheidung fallen, ob ich kündige oder wechsle.

Das ist eine betriebsbedingte Kündigung. Eine Abfindung bekommst du in der Regel nur, wenn dir widerrechtlich gekündigt wurde, oder wenn die Firma sich die Kündigungsfrist ersparen will.

Du musst dich umgehend arbeitssuchend melden, wenn du definitiv weißt, dass dir gekündigt wird.

Am ersten Tag der tatsächlichen Arbeitslosigkeit musst du dich PERSÖNLICH arbeitslos melden. Erst ab dieser persönlichen Meldung hast du Anspruch auf AlG 1

Wenn der Betrieb geschlossen wird und dort mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt waren, die zur Wahl eines Betriebsrats berechtigt sind, sollte die Unternehmensleitung mit dem Betriebsrat einen Sozialplan vereinbart haben. Darin wären dann auch Abfindungen zu verhandeln.

Gibt es einen Betriebsrat nicht, kann man nur selbst verhandeln und klagen - mit allerdings relativ geringen Chancen. Mehr unter https://www.hensche.de/Rechtsanwalt_Arbeitsrecht_Betriebsstillegung_Betriebsschliessung.html

Welche Optionen bieten sich mir?

Das kommt - wie so oft - "darauf an"!

Lassen wir einmal außen vor, wie vorzugehen ist, wenn es einen Betriebsrat geben sollte (was hier wohl nicht der Fall ist):

Zunächst einmal kommt es darauf an, ob etwas - und wenn: was - arbeitsvertraglich vereinbart ist zum Wechsel des Arbeitsortes.

Gibt es eine Vereinbarung, die den bisherigen Standort als Deinen Arbeitsort bestimmt, kann der Arbeitgeber Dich nicht an den neuen Standort versetzen; wenn der bisherige Standort geschlossen wird, bleibt ihm nur, Dir zu kündigen - entweder als ordentliche personen- oder betriebsbedingte (je nach konkreten Bedingungen) Kündigung oder als Änderungskündigung.

Gibt es eine solche Vereinbarung aber nicht, kann der Arbeitgeber den Arbeitsort im Rahmen seines Weisungsrechts nach der Gewerbeordnung GewO § 106 "Weisungsrecht des Arbeitgebers" Satz 1 bestimmen:

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Die zwingende Beachtung des erwähnten "billigen Ermessens" bedeutet, dass der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung Deine persönlichen Interessen berücksichtigen und mit den betrieblichen Interessen abwägen muss.

Hier spielt dann der nächste Aspekt eine Rolle: Was ist Dir zuzumuten, wenn Du sagst, "es kommt praktisch nicht in Frage umzuziehen (familiär) und zum Fahren ist es auch ein exorbitanter Aufwand".

Wenn der Arbeitsweg tatsächlich unzumutbar lang ist, darf der Arbeitgeber Dich nicht gegen Deinen Willen versetzen; wenn Du eine Versetzung ablehnst, bleibt ihm wegen der Schließung nur die ordentliche personenbedingte Kündigung (personen- und nicht betriebsbedingt deshalb, weil der Grund für die Kündigung in Deiner Person liegt wegen der Tatsache, dass eine Versetzung Deiner Person nicht zuzumuten ist).

Die Frage der Unzumutbarkeit wird im Sozialgesetzbuch Drittes Buch SGB III geklärt; dort heißt es in § 140 "Zumutbare Beschäftigungen" Abs. 4, dass die Beschäftigung nicht zumutbar ist,

wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger [Anmerk.: Hervorhebungen durch mich] anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Beschäftigten längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab.

Unter diesen Voraussetzungen entstehen Dir dann auch keine Nachteile, wenn Dir wegen Deiner Weigerung, den neuen Arbeitsort anzunehmen, gekündigt wird und Arbeitslosigkeit eintritt.

Nachtrag: Zur Frage des Anspruchs auf eine Abfindung wurde ja bereits das Richtige gesagt.