Finanzberater - wie wichtig ist der?

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Die Erfahrrungen sind sehr gemischt und habe diese, wie viele andere auch mit barer Münze zahlen müssen.

Ich war selbst auch mal in dieser Branche tätig, eindeutig mit positiven Absichten, aber festgestellt, dass man Produkte erst immer selber über mindestens 2-3 Jahre austesten muss, ehe man sie ruhigen Gewissens an Kunden weiterverkaufen kann. Das hat mir ebenfalls einiges an Geld gekostet.

Fakt ist, jeder ist sich selbst der beste Finanzberater. Davon auszugehen, dass andere mein Geld schon gut und für mich gewinnbringend verwalten werden, ist sehr naiv.

Wer bereits 170 Stunden im Monat für Geld arbeiten geht, der sollte monatlich vielleicht auch noch 1 Stunde aufwenden können, sich mit dem Thema Geld und Finanzen auseinanderzusetzen. Auch wenn es trockene Materie ist.

Es ist sicher nicht verkehrt, einen Finanzberater als Sachbearbeiter zu bestellen, vorausgesetzt, Du hast Dir im Vorfeld Gedanken gemacht, was Du benötigst und abschließen möchtest.

Als kleine Hilfe mal eine kleine Produkt-Lehre:

1)
Berufsunfähigkeits-Versicherung (kurz BU):  Würde ich, wenn möglich, unbedingt abschließen, da rein statistisch jeder Vierte im Laufe seines Berufslebens berufsunfähig wird. Diese lassen sich optional auch mit Kapital-Bildung verknüpfen. So bekommt man zu Vertragsende noch einen ordentlichen Teil des Geldes wieder und hat die Beiträge im Nichtleistungsfall umsonst bezahlt.

2)
Privathaftpflicht:  Unbedingt abschließen! Für 5 bis 7 Euro im Monat kann man sich schon gut versichern.

3)
Unfallversicherung:  BU hat klar Priorität von Unfall, wenn es finanziell machbar ist, würde ich mir die Unfallversicherung zusätzlich leisten. Um die 20 Euro im Monat liegen im Bereich des Realistischen und beinhalten in der Regel eine hinreichende Abdeckung.

4)
Risiko-Lebensversicherung:  Wie der Name schon sagt, zahlt diese nur im abgesicherten Risiko-Fall. Es beinhaltet keine Vermögensbildung, sondern dient im Todesfall den Hinterbliebenen, die Finanzierung bspw. einer Immobilie abzusichern. Kann auch rein zur Abdeckung der Entsorgungskosten angewendet werden. Mit etwa 30 Euro kann man sich schon für eine Summe von 100.000 Euro absichern.

5)
Hausrat und Gebäude:  Hausrat ist zu empfehlen, wenn's im Budget liegt. Gebäude sollte man natürlich immer versichern, wenn man schon eine Immobilie kauft

6)
Kapitalgebunde oder Fondgebundene Lebensversicherungen / Investment-Versicherungen mit oder ohne Teilauszahlungen:   Absolut nicht empfehlenswert. Die Vertragskosten sind viel zu intransparent und fressen das Eingezahlte zu großen Teilen auf. Man kommt nicht mehr ans Geld ran, wenn mans mal braucht und wenn man den Vertrag auflöst gibt es nur noch den Rückkaufswert, der deutlich unter den eingezahlten Beiträgen liegt. Die Verzinsung ist mies. Reine Geldverbrennung!

7)
Fondsparer:  Wem Einzelaktien zu risikoreich sind, für den sind Fondsparer eine alternative. Über einen längeren Zeitraum sind auch ansehnliche Zinsgewinne drin. Nachteil sind dabei auch die Transaktionsgebüren. Da muss man sich im Einzelnen schlau machen.

8)
Aktien:  Überhaupt die Anlage für jene, die wirklich große Zinsgewinne machen möchten. Unsicher, wenn man sich hierbei beraten lässt. Relativ sicher, wenn man seinem eigenen Bauchgefühl vertraut. Als Faustregel sollte man immer nur bei Unternehmen einkaufen, dessen Produkte und Dienstleistungen man gut kennt und bei den man sich ziemlich sicher sein kann, dass sie auch in den nächsten 10 Jahren ein solides Geschäft machen werden.

9)
Bausparer:  Waren sehr gut, als die Zinsen bei den Banken noch höher waren. Attraktiv ist in jedem Falle der gleichbleibende Darlehenszins, der über die gesamte Tilgungsdauer gleich bleibt und mit der sich gut planen lässt. Ideal, um einen Bankkredit vorzeitig abzulösen. Dadurch, dass die Zinsen zur Zeit eh sehr niedrig sind, hat der Bausparer natürlich auch viel seiner Substanz eingebüßt. Schaden kann es trotzdem nicht, einen zu haben.

10)
Riester- und Rürup-Renten:   Für mich keine wirklich aussichtsreichen Absicherungen fürs Alter. Wichtig ist, dass man weiß, dass man mindestens 4% des Jahresbrutto im Jahr dort einsparen muss, um die volle Riesterförderung zu bekommen. Auf diesem Sektor wird am meisten Murks verkauft, sei es, dass der Monatsbeitrag zu niedrig oder zu hoch angesetzt wird oder viel zu wenig hinten herauskommt. Besser sind da eindeutig Pensionskassen und Betriebsrenten, die meistens sogar ebenfalls riesterfähig sind. Noch besser -> Immobilien kaufen und vermieten.

11)
Pflege-Versicherungen:   Sollte man fairerweise schon abschließen, sobald man Kinder hat. Je früher man beginnt, desto günstiger der Beitrag.

12)
Private Krankenversicherungen:
Wer es sich darüber hinaus noch leisten kann, kann sich noch einige Zusatzleistungen, wie auch Zahn-Zusatzversicherungen oder Krankentagegeld-Versicherungen hinzubuchen. Auch gibt es Versicherungen, die gegen schwere Krankheiten absichern und bei Diagnose von Krebs, Schlaganfall oder Herzinfarkt die vereinbarte Versicherungssumme auszahlen. Diese gibt es sogar auch mit Kapitalausschüttung zum Ende der Laufzeit.

Das wären jetzt so die wesentlichsten Produkte. Mehr benötigt man als Otto-Normal-Verbraucher eigentlich auch nicht.

kevin1905  14.07.2017, 20:13
  • BUV nicht mit Vermögensaufbau kombinieren. Der Sparanteil ist klein, der Beitrag dafür höher als bei einem reinen Risikotarif und die Rendite ist schlecht. Setzt man das Sparen aus, setzt auch der BU-Schutz aus. Krankentagegeldversicherung nicht vergessen.
  • HPV geht billiger und diese sollte man nicht monatlich zahlen.
  • RLV nur bei Hinterbliebenen sinnvoll die in finanzielle Verpflichtungen der VP eintreten würden.
  • Aktien und Zinsen vertragen sich nicht. Aktien haben Kursgewinne (gelegentlich auch -verluste) und zahlen ggf. Dividenden.
  • BSV bedingt sinnvoll. Wenn man Wohnungsbaurpämie abgreifen kann, wird die Rendite ein Stück weit interessanter ansonsten nur als Teil einer evtl. Baufinanzierung sinnvoll.
  • Riestern über den Betrieb ist nicht sinnvoll. bAV kann interessant sein, vor allem wenn der Arbeitgeber sich beteiligt und man Gruppenverträge installieren kann. Direktversicherung bevorzuge ich aber gegenüber Pensionskassen. Wenn man riestert jedes Jahr den Vertrag überprüfen da in der Tat die Zulage vom Einkommen abhängt.
  • Pflege wichtig, am besten als Tagegeldversicherung.
  • PKV kann je nach Einkommen auch subsidär sinnvoll sein. Wenn man hohes Einkommen, keine Angehörigen hat kann man ggf. auch Beiträge sparen, die man dann sinnvoll investieren kann.
  • Rechtsschutz ggf. auch sinnvoll.

Davon ab, guter Beitrag.

RhoMalV  14.07.2017, 21:09
@kevin1905

Stimmt. Rechtsschutz hatte ich vergessen.

Heute wirklich für jeden sinnvoll. Egal ob Privatperson oder Unternehmer.

Komplett überflüssig, wenn du selbst einen entsprechenden Hintergrund in Form einer Ausbildung oder eines Studiumds hast welches die notwendigen Inhalte vermittelt.

Ansonsten würde ich drüber nachdenken dich mal möglichst unabhängig beraten zu lassen.

jsch1964  16.07.2017, 13:09

Eine schöne Antwort. :-)

In jedem Beruf, den ich selber beherrsche, brauche ich nur in Ausnahmefällen einen zweiten Fachmann.

Es kommt darauf an, wen Du in welchem Land fragst.

Es gibt zwei interessante Studien von Blackrock und von der Citigroup über dieses Thema. In den meisten Ländern sieht man Finanzberater wie Handwerker: Als Leute, die ein spezielles Fachwissen haben und die man ins Haus holt, wenn man seine Finanzen regeln will. Also als hilfreiche Menschen, die eben ein Fachwissen haben, das man sich selbst sonst eher mühsam aneignen müsste.

Auch Umfragen bei wirklich reichen Leuten zeigen, dass diese sich in Geldangelegenheiten am liebsten auf Finanzprofis verlassen.

Deutschland ist eine Ausnahme: Hier glauben die meisten Leute, dass die Finanzberater zuerst einmal an sich selber denken und weniger im Sinne der Kunden arbeiten. Es ist hier genauso wie in Sachsen mit dem Thema Ausländer: Je weniger die Menschen mit Finanzberatern zu tun hatten, desto sicherer wissen sie, dass das alles nur Verbrecher sind. (Wie gesagt, als Ergebnis dieser beiden Studien.)

Wie Du selber zu Finanzberatern stehst, musst Du selber entscheiden. Wie in jedem Beruf oder Handwerk gibt es Spitzenleute und Pfuscher. Die Kunst ist, selber einen guten für sich zu finden.

Finanzberater ist eine Tätigkeitsbezeichnung die keinerlei Rückschluß auf Unabhängigkeit und Qualität der Dienstleistungen zuläßt.

Sogenannte Finanzberater der Banken sind nur Verkäufer, ebenso die von Strukturvertrieben.

Ich habe einen Finanzberater den ich selber bezahle und der deshalb nur meine Interessen und nicht die eines anderen vertritt.

RhoMalV  14.07.2017, 21:17

Ja. Also jemand, der auf Honorarbasis arbeitet ist häufig wesentlich besser, als jemand, der auf Provisionsbasis arbeitet.

Aber auch das lässt sich nicht immer allgemein sagen.

Wenn man wirklich einen guten, seriösen FB auf Honorarbasis findet, können vielleicht 400 Euro Aufwandsentschädigung die Investition wirklich wert sein.

Wer die Beratung hingegen umsonst haben will und sein Geld irgendeinem dahergelaufenen Schmierlappen anvertraut, zahlt für seinen Geiz oft das Vielfache davon als Lehrgeld oben drauf und das Geld ist weg.

Man kann allerdings auch bei Honorarvermittlern auf ein schwarzes Schaf treffen.

Das Problem ist, dass die in Deutschland von Provisionen leben und daher in vielen Fällen, die Produkte verkaufen, die am meisten Provision bringen. Und die, die am meisten Provision zahlen, sind die, die oft nicht die besten sind.

kevin1905  14.07.2017, 20:13

Halbwissen.