Darf man in einem FSJ 60 Stunden pro Woche und 34 Tage ohne Ausgleich durcharbeiten?

7 Antworten

Nein, dürfen die nicht, im Gegenteil, sie verstoßen gegen das Arbeitszeitgesetz (http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitszeitgesetz) und würden dafür in den Bau gehen, wenn sie angezeigt werden - Richter verstehen da zum Glück keinen Spaß. Abgesehen davon hat dein Chef dir gegenüber eine Sorgfaltspflicht, der er nicht nachkommt: 60 Stunden pro Woche und 120 Überstunden, das geht auf die Gesundheit. Allerdings gehören zu so einem Arbeitsverhältnis immer zwei: Einen, der das anordnet und einen anderen, der sich nicht wehrt und das mitmacht. Du musst schon ganz klar "Nein" sagen, das macht keiner für dich.

BennoUtzErnaMe  08.02.2011, 17:11

Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dafür "in den Bau gehen" dürfen, ist jedoch sehr gering. Zwar enthält das Arbeitszeitgesetz auch Bußgeld- und Strafvorschriften (§§ 22, 23 ArbZG). Danach sind Verstöße gegen das ArbZG zunächst einmal Ordnungswidrigkeiten, die aber bei vorsätzlicher Begehung ein Vergehen (kein Verbrechen) darstellen. Im Falle der Gesundheitsschädigung durch die Verstöße ist auch die fahrlässige Begehung ein Vergehen. Aber die haben Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (bzw. im zweiten Fall bis zu einem halben Jahr) oder Geldstrafe zur Folge.

Damit geht so etwas eher an den Geldbeutel als an die körperliche Freiheit. Aber auch das ist sowohl für das Theater, als auch für den Träger unangenehm.

(Nur der Vollständigkeit halber, damit man dieses Schwert nicht überschätzt.)

Es ist wichtig, Dich mit den Gesetzesgrundlagen des FSJ vertraut zu machen. Grundsätzlich kann man ohnehin immer von den Arbeitsschutzgesetzen ausgehen, von denen das Arbeitszeitgesetz schon angesprochen wurde. Ob man bei Verstoß gleich postwendend in den Bau kommt ... weiß ich nicht. Aber ein krasser Verstoß ist das natürlich schon. Handelt es sich aber um einen sogenannten Tendenzbetrieb, könnten die Arbeitszeitregelungen für die Angestellten stark aufgeweicht sein.

Wie aber auch schon gesagt wurde: Du bist nicht Angestellte/r des Theaters. Ausgehend vom Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (in der mir vorliegenden Fassung von 2002: http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Internetredaktion/Pdf-Anlagen/fsj-gesetztestext,property=pdf,bereich=,rwb=true.pdf- ich weiß noch nicht, wie man hier Links kennzeichnet...) hast Du Dich nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 gegenüber einem anerkannten Träger zur Leistung verpflichtet.

Nach § 5 Abs. 1 sind das entweder

  • Verbände der freien Wohlfahrtspflege
  • Kirchen
  • oder die Länder und Institutionen, die vom Land eingesetzt wurden und sonstige, die in der Lage sind, Dich gemäß den entsprechenden sozial-, unfallversicherungs- und sonstigen rechtlichen Regelungen aus § 4 des Gesetzes zu behandeln.

Wenn vor allem im letzteren Fall ein von der obersten Landesbehörde zugelassener Träger diese Bedingungen nicht erfüllt - und auch aus anderen wichtigen Gründen - kann diese Behörde dem Träger auch die Zulassung entziehen. Das fällt nicht negativ auf Dich zurück. Aber das motiviert die Träger (die ja staatlich gefördert werden) in ihrem eigenen Interesse schon dazu, für Euch zu sorgen.

Nach § 8 gelten für die FSJler die Arbeitsschutzbestimmungen. Außerdem gelten allgemeine Fürsorgepflichten des Trägers Dir gegenüber.

Darüber hinaus muss nach § 5 Dein FSJ pädagogisch begleitet werden. Die Teilnahme an diesen Seminaren ist Pflicht. Ich frage mich, wie Du die dazwischen schieben kannst, bei Deinem Arbeitspensum.

Mit anderen Worten:

Für Dich gilt ganz normal das Arbeitsschutzgesetz. Ich gehe nicht davon aus, selbst wenn es sich um einen Tendenzbetrieb handelt, dass die aufgeweichten Regelungen dann auf Dich anwendbar sind.

Damit liegt Deine regelmäßige gesetzliche werktägliche Arbeitszeit bei 8 Stunden. das bedeutet allerdings auch, dass sie bei 48 Stunden liegen darf, da Werktage leider von Montag bis Samstag gehen. Sie können sogar bis auf 10 Stunden ausgeweitet werden, wenn (in einem recht langen Zeitraum) für einen Ausgleich gesorgt wird. Das geht jedoch nur, wenn im Durchschnitt von einem halben Jahr die Arbeitszeit von täglich 8 Stunden nicht überschritten wird. (Es muss dann also immer wieder kürzere und längere Schichten geben.)

Zwischen Schichtende des einen Tages und Schichtbeginn des Folgetages müssen mindestens 11 Stunden Ruhezeit liegen. Sonn- und Feiertagsarbeit am Theater ist möglich, ab mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen arbeitsfrei bleiben und

  1. der Ausgleich für einen Sonntag muss innerhalb der nächsten zwei Wochen erfolgen
  2. der Ausgleich für einen gesetzlichen Feiertag muss innerhalb der nächsten acht Wochen erfolgen.

Beides an einem Werktag. Außerdem muss er (in der Regel) in Verbindung mit der Ruhezeit gewährt werden. Also zwischen Schichtende und folgendem Ersatzruhetag sollen (so möglichst wie irgend möglich) 11 Stunden Ruhezeit liegen. Bspw: Ersatzruhetag am 9.2., Schichtende davor spätestens um 13 Uhr.

Dir stehen auch nach dem BUrlG anteilig (je nach Länge Deines FSJ) Urlaubstage zu. Gesetzlich 24 Werktage (Mo-Sa), das sind 20 Arbeitstage, bei der 5-Tage-Woche (Mo-Fr). Bist Du also 9 Monate beschäftigt, hast Du auch Anspruch auf (24/12)*9 = 18 Urlaubstage. Den Anspruch hast Du aber erst nach 6 Monaten Beschäftigungsdauer.

Das sind die gesetzlichen Regelungen zu diesem Thema. Diese Mindeststandards dürfen nicht (für normale Beschäftigte) unterschritten werden. Für normale Beschäftigte muss nochmal extra erwähnt werden, weil es gerade die Eigenart von Tendenzbetrieben ist, dass die Beschäftigten (bspw. Redakteure, Parteisekretäre, Gewerkschaftssekretäre, Pfarrer etc.) eben keine normalen Beschäftigten, sondern Überzeugungstäter sind.

Das Problem daran ist, dass dieser Tendenzschutz gerne missbraucht wird. Er ist also erstens nicht auf jeden Betrieb übertragbar und gilt zweitens nicht für diejenigen, die keine Überzeugungstäter sind, sondern ganz normale Angestellte. (Auch im Tendenzbetrieb ist beispielsweise der Pförtner ganz normaler Angestellter.)

Bei Euch könnte - wenn das Theater ein solcher Tendenzbetrieb ist - das ganze künstlerische Personal such Überzeugungstätern bestehen.

Aber auch nur die.

In Deinem Fall könnte man natürlich sagen: Du bist als FSJler/in geradezu als Überzeugungstäterin prädestiniert. Aber Du bist auch ganz besonders schutzwürdig. Denn Du erhältst nichts weiter als ein Taschengeld, dass dem Wert Deines freiwilligen Dienstes nicht annähernd gerecht wird. Dieses Theater profitiert von Dir. Im Moment ist es nicht umgekehrt.

Der Träger und Du, ihr seid Vertragspartner und deswegen liegt auch die Fürsorgepflicht Dir gegenüber bei ihm.

Da Du Dich schon im Betrieb beschwert hast und abgekanzelt wurdest, geh jetzt zum Träger, sag, dass das nicht so weitergeht. Berufe Dich auf Deine Rechte.

Dein Problem wird ja weniger sein, dass Du nicht bereit bist, dafür einzustehen (Dich nur versichern wolltest, ob Du sie hast), sondern dass Du schon gerne im Theater weiterarbeiten möchtest, nur nicht zu diesen unwürdigen Bedingungen.

Rausschmeißen können sie Dich erstmal nicht (kein Grund). Suchen sie einen Grund, rate ich Dir, zu klagen. Dann wird alles weitere deutlich, womöglich folgen Schadenersatzansprüche, vor Gericht werden die Verstöße gegen das das "FSJ-Gesetz", ArbZG womöglich auch BUrlG (?) offenbar. Da werden weder das Theater noch der Träger Lust drauf haben.

Geben Sie Dir ein schlechtes Zeugnis, kannst Du auch klagen und wirst vermutlich recht bekommen. Auch darauf werden weder der eine noch der andere Lust haben (sowas soll nicht offiziell werden).

Geschützt bist Du in der Wahrnehmung Deiner Rechte immer, da auch das Maßregelungsverbot aus§ 612 a BGB entsprechend gilt:

Der Arbeitgeber [Träger/Betrieb] darf einen Arbeitnehmer [FSJler] bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer [FSJler] in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Sollte man Dir beispielsweise wegen Deines Unwillens ein schlechtes Zeugnis ausstellen wollen, könnten tatsächlich noch Schadenersatzansprüche gegen Träger und Theater folgen.

Also, Du bist auf der sicheren Seite, kommst leider bloß nicht so ganz um Spannungen herum. Der Träger ist aber dazu verpflichtet, Dich zu unterstützen und Dir sowohl diesen Platz im Theater weiter zu sichern, als auch Deine Rechte durchzusetzen.

Das klingt ein wenig so, als würde die Bemerkung: Im Theater zählt man keine Stunden als Begründung für heftigste Ausbeutung genutzt. Sicherlich ist ein Theater keine Behörde, wo um 16:00 uhr der Griffel fällt, aber enthusiasmus und Begeisterung geht bei dieser Arbeitsbelastung sicherlich flöten. HAbt Ihr keine Personalvertretung? Ansonsten versuch mit Deinem Chef zu sprechen. Die Bedingungen des Arbeitsvertrages sind einzuhalten. Es spricht nichts gegen eine gewisse Flexibilität, aber es muss im Rahmen bleiben.Wenn er sich dickfellig gebärdet, geh zu einer Arbeitsrechtlichen Beratung.

Sprich sofort mit deinem Träger!!! Arbeitszeiten hin oder her. Du machst es FREIWILLIG und wenn dir das zu viel ist darfst du das ruhig sagen!

wenn die these lautet: "im theater zählt man keine stunden", hast du doch den absoluten freibrief!!

gehe zur arbeit, wann es dir passt und reagiere darauf bei kritik mit diesem satz.

"keine stunden zählen" kann man doch auch anders herum deuten, wenn es nichts zu zählen gibt?

was zählt den dann am theater? das hübsche gesicht oder die tolle stimme? wofür bekommt man sein geld?