Darf man gefälschte Kunst verkaufen wenn jeder weiß dass es gefälscht ist?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Grundsatz: Das Werk darf nicht den Eindruck erwecken, ein Original zu sein, wenn es kein Original des unterzeichneten Künstlers ist. Der tatsächliche Künstler hat das Werk zu zeichnen – und wenn es ein bereits von einem anderen Künstler erschaffenes Motiv ist, dann muss der Hinweis gegeben werden, dass es kopiert, also nachgemalt ist. Dabei darf ein Werk „auf den ersten Blick“ den Eindruck erwecken, ein berühmtes Bild zu sein – muss jedoch untrennbar einen Kopierhinweis in das Werk (egal ob Gemälde o. Skultur) integriert enthalten. Bei einem Gemälde reicht bei der Unterschrift oder den Initialien des Malers der Zusatz „cop.“. Im von Dir genannten Beispiel ist darüber hinaus die Unterschrift des Künstlers selbst enthalten. Damit steht (wenn es eine Kopie oder eine werktreue Nachahmung ist) bei dem Maler schon von vornherein der Wille im Vordergrund, ein Bild zu erschaffen, das nicht dem unbekannten Maler, sondern dem bekannten Künstler unterstellt werden soll!

Ich habe den Link zum Kunstsalon Posin verfolgt. Zum einen kopieren die Gebr. Posin offenbar nur Werke älterer Künstler. Der Urheberrechtsschutz endet nach 70 Jahren. Dieser jedoch betrifft nur die Verwertungsrechte. Er betrifft NICHT die Fälschung eines Werkes: Es ist nicht erlaubt, ein fremdes Bild unter eigenem Namen zu erschaffen oder ein Werk als das Original eines anderen vorzugeben. Zum anderen kennzeichnen die Gebr. Posin, wie ich lesen konnte, die Werke auf der Rückseite. Das ist dann zwar ein mit dem Werk verbundener Hinweis auf die Nachbildung – dennoch grenzwertig, weil nach außen hin offenbar bis zur Signierung eines Gemäldes der Eindruck erweckt werden soll, es handele sich um ein Original.

Wenn einer der Posin-Brüder in einem Video-Beitrag sagt, sie kopierten nicht, sondern schüfen in jedem einzelnen Schritt noch einmal nach, dann ist das nicht ganz die Wahrheit: Auch das Nachempfinden eines jeden einzelnen Werkschrittes (also z.B. mit dem werk-immanenten Skizzieren und Vorzeichnen) dann ist es immer noch eine Nachbildung, also eine „Kopie“. Was er meint – und somit fehlerhaft benennt – ist, dass die Werke nicht nach ihrem oberflächlichen Erscheinen nachgemalt werden, sondern in ihrer gesamten Gestalt nachgebildet werden!

Die Gebr. Posin gehen offen damit um, arbeiten transparent. Dennoch ist es ein Grenzfall. Nicht nur juristisch, sondern vor allem im Sinne des Künstlers, der nachgeahmt wird. Und obgleich es nun dem verstorbenen Künstler herzlich gleichgültig sein kann, ob sein Werk kopiert oder auch nur nachgeahmt wird, so ist es in der Kunstwelt immer wieder ein Thema… Aber: Durch den mit dem Werk verbundenen Hinweis auf der Rückseite einer Nachahmung durch die Gebr. Posin wird es letztlich niemals zu einer Verwechselung kommen!

Wenn Du schreibst, wer ein wenig Erfahrung habe, könne sehen, dass das fragliche angebotene Werk bei ebay kein Original sei, so ist das nicht unbedingt richtig. Es KÖNNTE ja sein, dass es sich um ein Werk des Künstlers handelt, das er dann selbst für schlecht befunden und deshalb nicht veröffentlicht, sondern auf dem Dachboden hatte verschwinden lassen (rein hypothetisch!). So wäre erklärlich, dass es etwaig nicht alle Merkmale trägt, die man üblicherweise vom Künstler kennt! Womit ich nun jene Fälschungen nicht aufwerten möchte, sondern darauf hinweisen möchte, dass jemand, der unter dem Namen eines anderen Künstlers neue Einzelstücke erschafft, dieses mit dem Willen tut, das Werk des Fremden zu erweitern – in der Regel mit der Absicht, mit dieser Täuschung mehr Geld verdienen zu können, als wenn er selbst als Namenloser Bilder erschafft.

Bezogen auf einen Autoren (um mal einen Vergleich zu bieten): Weder darf ich heute Goethe abschreiben und dann von mir behaupten, es seien meine eigenen Worte, noch darf ich ein Werk erschaffen, das sich liest, als sei es von Goethe – und dann behaupten, es sei ein bisher verschollenes Werk von Goethe. So einfach ist das im Grunde.

Möglich ist der Handel mit derlei Kunst dennoch ungebremst, weil entweder kein staatliches Interesse der Verfolgung besteht oder die Suche nach solchen Fällen zu aufwändig ist. Die privatrechtliche Verfolgung von Kunstfälschungen aber ist regelmäßig teuer, zudem auch mithin einfach unbeherrschbar. Weder Künstler noch Erben können wissen, wo fremde Werke auftauchen. Das gezielt zu recherchieren ist aufwändig und spätestens bei Hinzuziehung Dritter (also außenstehender Dienstleister) zu teuer. So muss man in den meisten Fällen davon ausgehen, dass ein Verfolgungsinteresse zwar bestünde – die Möglichkeit aber nicht. Wenn jedoch die Möglichkeit der Verfolgung nicht besteht, so heißt das noch lange nicht, dass das In-Verkehr-Bringen von gefälschter Kunst oder das Handeln mit gefälschter Kunst legal ist!

Damit man jenem Ebayer keinen Betrug nach § 263 StGB vorwerfen kann, weist er also vorsorglich aus, dass das Kunstwerk ggf nur eine Kopie sei. Vordergründig aber preist er es als handsigniertes Original an.

hallo vielen herzlichen dank für die ausführliche Antwort. ich kenne mich viel besser aus!

Wenn es ausdrücklich in der Beschreibung steht, dann ist es sicherlich erlaubt und sollte keine negativen Bewertungen verursachen.

Du müsstest es dann als eine Kunstreplikation verkaufen