Darf eine Schule eine Helmpflicht für das Fahrradfahren auf dem Schulweg einführen?

7 Antworten

Da es keine Rechtsgrundlage für diese Phantasievorschrift gibt, braucht sie auch nicht befolgt zu werden.

Es gibt in Deutschland keine Helmpflicht für Fahrradfahrer.

Dagegen kann sich weder sei Schule noch die Gesetzlichen Unfallversicherungen wehren.

Bei Innerschulischen Veranstaltung (Ausflug, Sportveranstaltung) kann man das einfordern.

Unwahrscheinlich ist, dass die Schule eine weitere, private Versicherung abschließt, die das dann verlangen könnte. 

Das gleiche gilt auch für Arbeitnehmer auf dem Arbeitsweg. Hier gibt es auch keine Helmpflicht. Ausnahme: innerhalb eines Werksgelände. Hier kann die Geschäftsleitung Helmpflicht anordnen.

Die Weisungsbefugnis der Schulleitung endet auf jeden Fall am Ausgang des Schulhofes; alles was im öffentlichen Raum passiert, liegt nicht in ihrer Verantwortung.

D.h. sie kann keine gültige Verordnung erlassen, die das Helmtragen auf dem Schulweg fordern kann.

(Dann hätten viele Schulen garantiert schon ein Verbot des Elterntaxis formuliert, um das gefährliche Autochaos morgens zu entschärfen)

Die gesetzliche Unfallversicherung ist am Helmtragen nicht interessiert; es gibt keinen Passus darüber in den Bestimmungen, d.h. auch bei einem Unfall ohne Helm greift sie.

da laut Internet keine allgemeine Helmpflicht gilt.

Nicht nur laut Internet. Laut StVO ebenfalls nicht. Und weder die Schule noch sonst wer darf eigene allgemeine Vorschriften erfinden und dann auch noch durchsetzen. Davon ab ist die Gefahr einer schweren Kopfverletzung bei Radfahrern auch nicht besonders hoch. Da sind eher Verletzungen an Armen und Beinen vorherschend. Überdies gibt es für die angenommene Schutzwirkung von Fahrradhelmen bisher m.W. auch keinerlei Beleg.

Die Uniklinik Münster hat mal die schwere von Kopfverletzungen von verunfallten Radfahrern mit und ohne Helm verglichen und konnte keinen nennenswerten Unterschied feststellen. Leider waren die Fallzahlen aber sehr niedrig.

Mir liegen zudem auch noch Zahlen des Bundesgesundheitsministerium vor, nachdem das Risiko einer tödlichen Kopfverletzung bei Radfahrern kaum höher ist, als bei Autofahrern und deutlich niedriger als bei Fußgängern. Es sterben an Kopfverletzungen je 1 Mio. Stunden Verkehrsteilnahme 1,7 Autoinsassen, 1,9 Radfahrer und 3,6 Fußgänger.

Zudem kommt das Phänomen Risikokompensation: Wer einen Helm trägt fährt manchmal riskanter, da er sich auf den Schutz des Helmes verlässt. Das könnte auch erklären, warum Helmträger bei den stationär eingelieferten verletzten Radfahrern überrepräsentiert sind.

Ich versuchte ihm klarzumachen, da u.a. wegen Versicherungen ect. dies in dem Fall nicht gültig ist.

Dann viel vergnügen, denn gemäß der ständigen Rechtssprechung liegst du damit daneben. Lediglich bei Rennradfahrern im Training und dergl. können unter Umständen die Versicherungen von einer Teilschuld des Radfahrers ausgehen, bei Alltagsfahren jedoch nicht. Auch der spektakuläre Fall aus Schleswig wurde vom BGH wieder kassiert. http://www.adfc.de/news/archiv-news-2014/schleswiger-helmurteil?p_p_nr=6

Merkwürdig, Fachleute beurteilen die Untersuchungen in Münster ganz anders. https://udv.de/de/medien/mitteilungen/radhelme-schuetzen-wirksam

@Nomex64

Diese Fachluete sind aber nunmal Versicherer, die Versuchen irgenwie ihre eigenen Kosten zu mindern. Das Fazit der Uniklinik Münster ist aber ein anderes, nämlich:

Fahrradhelm-Pflicht brächte mehr Schaden als Nutzen

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/fahrradhelm-pflicht-in-deutschland-braechte-mehr-schaden-als-nutzen-a-961657.html

http://www.faz.net/aktuell/technik-motor/motor/neue-studie-ueber-helmpflicht-fuer-radfahrer-12876835.html

http://pdeleuw.de/fahrrad/helm.html

Die Studie selbst such ich auch noch raus, hab ich aber scheinbar auf 'ner anderen Festplatte.

@Stadewaeldchen

Man muß unterscheiden zwischen dem Tragen von Helmen als persönliche Entscheidung und dem Verbot, ohne Helm Fahrrad zu fahren ("Helmpflicht").

Von der Logik her dämpft ein Helm die Kraft, die bei einem Aufschlag auf den Kopf wirkt ab; d.h. man müßte bei ausreichenden Fallzahlen eine Wirkung des Helms feststellen können. Wie groß die ist, darüber wird ziemlich gestritten und mit unterschiedlichen Zahlen operiert.

Eine Helmpflicht bewirkt u.a. zwei Dinge:

- Die prozentuale Quote des Helmtragens beim Radfahren steigt

- Es fahren weniger Leute Fahrrad, weil die keine Lust auf den Helm haben.

Das bedeutet (vereinfacht): Wenn die Leute nicht mehr Fahrrad fahren, fahren einige davon Auto. Auf jeden Fall bewegen sie sich weniger und erleiden mehr Zivilisationskrankheiten. Die Behandlung dieser Krankheiten kostet die Allgemeinheit mehr Geld als die potentielle Ersparnis durch weniger Kopfverletzungen durch das Helmtragen.

D.h. eine Helmpflicht kostet volkswirtschaftlich Geld.

Darum ging es u.a. bei der "Münsteraner Studie".

@Olaf68

DIe Studie: http://www.udv.de/system/files_force/media/udv-logo_140605_ircobi_2014_cyclist-head-inj_final_internet_0.pdf?download=1

Kurze Zusammenfassung:

Die Helmtragequoten der Verletzten und der am Kopfverletzten waren mit
17 bzw. 18 % sehr ähnlich. Die bundesweite Helmtragequote wurde mit 13 %
eingeschätzt. Unter den Verletzten und Kopfverletzten befinden sich
also mehr Helmträger als in der gesamten Radfahrerschaft.

Von den Kopfverletzten waren 155 helmlos, 34 behelmt, von 49 (immerhin 20 % der Fälle!) wußte man es nicht.

Bei
den leichten und ernsthaften Kopfverletzungen (AIS-1 bis -2) sind
Helmträger und Helmlose relativ gleich vertreten (im Verhältnis zu ihrem
Anteilen an den Verletzten überhaupt).

Interessant wird es nun bei den schweren Kopfverletzungen ab AIS-3, insgesamt 23.
Von den 23 sind 14 Helmlose, 9 mit unbekanntem Status, 0 Helmträger
Ausgerechnet in dieser Gruppe ist die Anzahl mit unbekanntem Helmstatus fast doppelt so hoch wie in bei der Gesamtgruppe.

Zur
gewagten plakativen Aussage in der Pressemitteilung, daß viele der
getöteten Radfahrer mit Helm überlebt hätten können, findet sich kein
Beleg. Ein Radfahrer beispielsweise, der von einem LKW überrollt wird
und Kopfverletzungen hat, wäre wahrscheinlich auch mit perfektem Helm
getötet worden. Nach einer der zitierten Studien sind 42 % der getöteten
Radfahrer auf LKW-Unfälle zurückzuführen (in Deutschland!) [1]. Solche
Effekte wurden überhaupt nicht untersucht. Helmtragen war auch nur ein
Punkt von mehreren in der Studie.

Was mir sehr auffällt, das ist,
daß überhaupt nur ein für mich unerwartet kleiner Teil der
Kopfverletzungen wirklich lebensbedrohlich ist. 184 sind AIS 1 (gering,
mit 99,3 %Überlebensrate). 32 sind AIS-2 (ernsthaft, 99,2 %
Überlebensrate), 21 (unter 10 % der Kopfverletzten) sind AIS 3 (schwer,
96,5 % Überlebensrate) und nur 2 als AIS-4 (sehr schwer, 85 %
Überlebensrate).

Für die Aussage:

"Helmets may not be able to prevent serious injuries entirely, but reduce the risk considerably."

mußte übrigens mal wieder die Studie von Thomson, Rivara, Thompson herhalten.

[1] Utsch A., "Unfallrisiko von Fahrradfahrern in Berlin von 1993-2004"

herhalten.

[1] Utsch A., "Unfallrisiko von Fahrradfahrern in Berlin von 1993-2004"



Quelle: http://www.verkehrsportal.de/board/index.php?showtopic=72121&st=50&p=1057651436&#entry1057651436

Moin,

wenn die zuständige Unfallversicherung es so für diese Schule geregelt hat, besteht ggf. kein Zwang, aber die Unfallkasse könnte beim entstandenen Unfallschaden sich teilweise oder ganz aus der Regulierung halten. Dann würden man für die Folgekosten sich anderwärtig bemühen müssen.

MfG