Darf ein Haustarifvertrag über dem Gesetz stehen?
Ich arbeite bei einem großen Versicherer allerdings in einer ausgegliederten Abteilung die unter einer GmbH geführt wird. Jetzt habe ich zum 01.09.2015 eine unglaublich tolle neue Arbeitsstelle bekommen. Nach gesetzlichen Kündigungsfristen wäre das ja kein Problem. Allerdings steht in unserem Haustarifvertrag, dass die Kündidung nur mit einer 6 Wochen Frist zum Quartalsende möglich ist. Ist das so korrekt? Oder kann ich zum 01.09. kündigen?
Viele Grüße Nina
12 Antworten
Wenn sich Dein Arbeitsvertrag auf den Haustarifvertrag bezieht könnte das schon möglich und auch rechtens sein.
Der TV steht dann nicht über dem Gesetz, dieses hat sogenannte Öffnungsklauseln. Eine längere Frist ist (auch wenn Du das jetzt anders siehst und erlebst) vorteilhafter für Dich, kann also vereinbart werden.
Eventuell ist ein Aufhebungsvertrag möglich.
Danke!
wenn es einen tarifvertrag gibt (egal ob allgemein für eine ganze berufsgruppe oder einen haustarifvertrag) hat dieser immer vorrang. ein tarifvertrag ist eine einzelregelung, die über den allgemeinen gesetzesvorschriften steht.
Nein, ein Haustarifvertrag muss rechtlich einwandfrei sein. Nur ist das sehr vielen Arbeitgebern nicht bewußt. Die Kündigungsfristen sind gesetzlich geregelt und diese Quartalsregelung ist eher unüblich. Inzwischen sind die Kündigungsfristen einheitlich geregelt, und es gelten 4 Wochen als Kündigungsfrist für Arbeiter wie Angestellte. Diese Quartalsregelung riecht stark nach einem Knebelvertrag oder nach einem älteren Vertrag, in denen diese heute ungültigen Fristen die Regel waren. Hier wäre ein offenes Gespräch mit den Arbeitgeber bzw Personalchef angesagt und sicher auch Erfolg versprechend.
Was "üblich" oder "unüblich" ist, ist nicht entscheidend!
Entscheidend ist, dass die gesetzliche Regelung zu den Kündigungsfristen in BGB § 622 ausdrücklich vertragliche Abweichungen davon in Abs. 5 Satz 3 zulässt: tarifvertraglich sind kürzere und längere Fristen möglich, arbeitsvertraglich nur längere (kürzere nur in zwei definierten Ausnahmen).
Das ist gegenüber dem gesetzlichen Mindestschutz eine Verbesserung. Das kann selbstverständlich im Haustarif so festgelegt werde
6 Wochen zum Quartalsende war immer die Kündigungsfrist für Angestellte.
Das ist eine Schutzfunktion für die Beschäftigten. Wenn du vorzeitig aus deinem jetzigen Vertrag willst, kannst du ja einen Aufhebungsvertrag machen. In der Assekuranz gilt ja immer noch den Grundsatz, dass man Reisende nicht aufhalten will.
lex specialis derogat legi generali
individualvereinbarungen stehen über allgemeinem recht
außer das allgemeine recht ist nicht abdingbar
ich weiß allerdings nicht, wie es hier ist, ob es abdingbar ist
in mietverträgen ist zb relativ wenig der gesetzlichen bestimmungen abdingbar
Hm.. Okay :D Danke =)
Wow - obwohl dieser Rechtsgrundsatz mit der vorliegenden Frage nichts zu tun hat!
Dein Rechtsgrundsatz heisst auf Deutsch:
Das besondere Gesetz verdrängt das allgemeine.
Es heisst nicht: "Der Vertrag verdrängt das Gesetz".
In Mietverträgen ist schon einiges abdingbar. Aber eben nicht zum Nachteil des Mieters.