Darf Arbeitgeber spontan meinen Urlaub verschieben?
Hallo,
Ich bin Azubi im ersten Lehrjahr in einem kleinen Betrieb mit ca 30 Mitarbeitern.
Ich bin zurzeit der einzige Azubi, und alle anderen Mitarbeiter sind zurzeit in Kurzarbeit, während ich momentan noch als einziger Vollzeit arbeite.
Zuerst wurde ich 2-3 Monate vom Büro in die Produktion versetzt und musste dort Vollzeit arbeiten, dann sollte ich wieder ins Büro. Dort bin ich zwar Vollzeit, aber die hälfte der Zeit alleine, ohne Aufgabe.
Nun zu meinem Problem:
Ich habe ursprünglich meinen Sommerurlaub auf den 3. August bis zum 14. August geplant, und auch im Kalender im Betrieb eingetragen und mit meinen Kollegen, sowie mit meiner Ausbilderin abgesprochen.
Vor ein paar Wochen hieß es dann plötzlich, dass wir vom 17. August bis zum 28. August Betriebsurlaub haben.
Alle meine Kollegen können das als Kurzarbeit zählen lassen und trotzdem ihren Sommerurlaub nehmen, nur ich als Azubi eben nicht.
Ich wollte eigentlich mit meiner Freundin vom 6. August bis zum 12. August Urlaub machen, da sie auch in den ersten zwei Augustwochen Urlaub hat.. Wir haben sogar schon ein Hotel gebucht.
Nur meinte meine Ausbilderin heute, dass ich nur den Betriebsurlaub machen kann, weil ich nicht genug Urlaubstage für den kompletten August habe.
Ich habe vorhin gelesen, dass ein Betriebsurlaub am Anfang des Jahres angekündigt werden sollte, um die Planungssicherheit der Mitarbeiter zu gewähren... hat ja super geklappt..
Ist das alles denn rechtens?
Kann ich irgendwie dagegen vorgehen?
Oder muss ich meinen Urlaub einfach stornieren und das so hinnehmen, wie es ist?
Vielen Dank im voraus :)
5 Antworten
Das Problem dürfte sicher sein, dass dein geplanter Urlaub vermutlich nicht bestätigt wurde, so dass das lediglich als Vorschlag zu verstehen ist.
Ansonsten heißt es im § 7 BUrlG, dass die Urlaubswünsche des AN zu berücksichtigen sind, wenn keine betrieblichen Belange entgegenstehen.
Folglich hast Du keinen Anspruch darauf, zu deinem gewünschten Termin Urlaub zu machen.
Grundsätzlich ist es zwar so, dass Betriebsferien angekündigt werden müssen (ca. 6 Monate vor Beginn), allerdings dürfte das bei Dir irrelevant sein, wenn dein Urlaub noch nicht bestätigt wurde.
Wurde dein Urlaub jedoch schon genehmigt, dann kann der Chef aufgrund des Betriebsurlaubs keinen Rückzieher machen. Den hätte er dann - wie schon geschrieben - ausreichend ankündigen müssen.
Betriebliche Belange sind bei Auszubildenden aber regelmäßig kein Grund, den Urlaubswunsch zu versagen, da Auszubildende nicht dafür da sind, den "Betrieb am Laufen zu halten".
Jein,
auf der anderen Seite wäre der Azubi - sofern er den Betriebsurlaub nicht wahrnehmen muss, die anderen aber schon - in der Zeit aber allein und ohne Ausbilder im Betrieb, was lt. BBiG aber nicht sein darf.
Dahingehend sind feste Betriebsferien (sofern diese Rechtens sind) für den Azubi schon bindend.
Ob es einen sachlichen Grund gibt, sei mal dahingestellt, aber dennoch ist die Ankündigung zu kurz.
Ja, selbstverständlich, Auszubildende unterscheiden sich hinsichtlich der Betriebsferien nicht von "normalen" Arbeitnehmern.
Es geht aber aus der Frage nicht hervor, ob der Urlaub schon genehmigt wurde.
...ich gehe davon aus...eben weil eine Buchung gemacht wurde und die meisten Menschen eben sicherstellen, dass sie zu diesem Zeitpunkt tatsächlich auch Urlaub haben, er also offiziell genehmigt wurde.
auch im Kalender im Betrieb eingetragen und mit meinen Kollegen, sowie mit meiner Ausbilderin abgesprochen
Das kann durchaus als Zustimmung des Arbeitgebers zum Urlaubswunsch des Fragestellers (Genehmigung des Urlaubs) gewertet werden!
Ist das alles denn rechtens?
Schlicht und einfach: Nein!
Erstens: Dass Dein Urlaub "im Kalender im Betrieb eingetragen und mit meinen Kollegen, sowie mit meiner Ausbilderin abgesprochen" wurde, kann durchaus als Genehmigung des Urlaubs betrachtet werden. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, diese Zustimmung zum Urlaub zu widerrufen!
Zweitens: Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht zur Anordnung eines Betriebsurlaubs berechtigt. Dazu mangelt es zum einen an der rechtzeitigen Ankündigung (spätestens zu Beginn des Urlaubsjahres, damit die Arbeitnehmer sich mit ihrer eigenen Urlaubsplanung darauf einstellen können), zum anderen aber auch am berechtigenden Grund - denn alleine die gegenwärtige Krise berechtigt den Arbeitgeber noch nicht zur Anordnung von Betriebsurlaub. Du bist also auch nicht verpflichtet, diesen Betriebsurlaub gegen Deinen Willen anzutreten!
Aber: Der Arbeitgeber darf zwar die Genehmigung Deines Urlaubs nicht widerrufen; tut er es widerrechtlich dennoch, darfst Du Deinen Urlaub trotzdem nicht eigenmächtig antreten.
Du hast dann - wenn Du den Arbeitgeber nicht mit "Argumenten" überzeugen kannst - nur die Möglichkeit, mit einer Leistungsklage beim Arbeitsgericht die Genehmigung durch das Gericht ersetzen zu lassen. Da eine solche Klage in Deinem Fall aber zu lange dauern würde, kommt wen der Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit (Hotel bereits gebucht, Urlaubsbeginn bereits in 3 Wochen) aud der Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Arbeitgeber in Betracht, die ihn zur Genehmigung des Urlaubs verpflichtet.
Dass wohl die meisten Arbeitgeber das wahrscheinlich nicht rein sachlich sehen als die Entscheidung einer neutralen Instanz über einen strittigen Gegenstand, dürfte allerdings auch klar sein. Ob Du diesen Weg beschreiten kannst oder willst, kann ich nicht beurteilen. "Eigentlich" aber darf der Arbeitgeber Dir deswegen keine Schwierigkeiten machen, weil es ein "Maßregelungsverbot" gibt: er darf also einen Arbeitnehmer nicht "bestrafen", weil der zulässig ein ihm zustehendes Recht beansprucht (Bürgerliches Gesetzbuch BGB § 612a "Maßregelungsverbot").
Wenn Du Dich in die Situation fügst, hat der Arbeitgeber Dir allerdings die Dir entstehenden Kosten (z.B. Stornierungsgebühren) zu erstatten - leider jedoch nur Dir, nicht auch die Kosten, die Deiner Freundin entstehen, wenn sie deswegen ihre mit Dir geplante Reise ebenfalls storniert, denn sie könnte auch alleine ihre Reise antreten (aber vielleicht ist Deinem Arbeitgeber das nicht bekannt).
Dass Du - wenn Du Deinen Urlaub antreten kannst und dannn auch noch in einen Betriebsurlaub gehst (wenn der Arbeitgeber dabei bleibt) - mehr Urlaub beanspruchst, als Dir eigentlich zusteht, ist alleine das Problem Deines Arbeitgebers; er hat Dir, wenn Du nicht mit dem rechtswidrig verordneten Betriebsurlaub einverstanden bist, entweder trotzdem die Möglichkeit zu bieten, Deine Ausbildung während dieser Zeit des Betriebsurlaubs fortzusetzen - oder Du hast dann eben mehr Urlaub, denn dann kommt der Arbeitgeber in Konflikt mit dem Berufsbildungsgesetz BBiG § 18 "Fortzahlung der Vergütung" Abs. 1 Nr 2 Buchst. a:
(1) Auszubildenden ist die Vergütung auch zu zahlen
[...]
2.bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn sie
a)sich für die Berufsausbildung bereithalten, diese aber ausfällt [...].
Im Arbeitsverhältnis würde man sagen, dass der Arbeitgeber in diesem Fall mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Verzug gerät und ihn darum trotzdem bezahlen muss (Bürgerliches Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko").
"Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ...
im Arbeitsrecht steht sicher auch Pandemie Corona drin ?
Und wie so oft muss man Dich wieder fragen: Was willst Du damit konkret und sinnverständlich sagen?
Aber ich darf sicher schon einmal davon ausgehen, dass Dir meine Informationen "gegen den Strich gehen".
Es ist schön, dass ich Dir Freude (oder "Freude"?) bereiten könnte! 🤗
Ist unter den aktuellen Umständen nur bedingt möglich, sowas anzukündigen.
Bei uns ist auch nichts mehr planbar und unser Betrieb ist deutlich größer. Aktuell geht auch das Gerücht um, dass wir in den letzten 2 August-Wochen Betriebsurlaub machen (müssen), allerdings gibt es noch keine offizielle Info seitens Geschäftsleitung. Das ist das 3. Mal dieses Jahr.
Man kann ja Azubis unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls freistellen bzw. in Kurzarbeit schicken, damit kenne ich mich aber nicht im Detail aus.
Insofern wäre es vermutlich für alle Beteiligten am einfachsten, wenn du deinen Urlaub verschiebst, auch wenn es total blöd für dich ist.
Ist unter den aktuellen Umständen nur bedingt möglich, sowas anzukündigen.
Die "aktuellen Umstände" alleine sind noch kein Grund zur Anordnung eines Betriebsurlaubs!
Muss angekündigt werden:
[...]ist eine „angemessene Ankündigungsfrist“ erforderlich [...] – was aber darunter konkret zu verstehen ist, ist [...] Auslegungssache. Arbeitsrechtler empfehlen [...] wenigstens ein halbes Jahr im Voraus.
Betriebliche Belange sind bei Auszubildenden aber regelmäßig kein Grund, den Urlaubswunsch zu versagen, da Auszubildende nicht dafür da sind, den "Betrieb am Laufen zu halten".
Und auch ohne einen bereits genehmigten Urlaub darf der Arbeitgeber hier keinen Betriebsurlaub eigenmächtig anordnen. weil es dafür an der zeitlichen (wie von Dir schon erwähnt), aber auch sachlichen (die gegenwärtige Krise ist für sich alleine noch kein berechtigender Grund) Voraussetzung fehlt.
Eben!
Mit dem Betriebsurlaub hätte der Fragesteller dann ein Urlaubsgeschenk vom Arbeitgeber.