Aufsichtspflicht verletzung mit Todesfolge welche Strafe?

3 Antworten

  • Konnte das Kind sicher schwimmen?

  • Haben die Eltern darauf hingewiesen, daß das Kind nicht gut oder gar nicht schwimmen kann?

So einfach kann man keine Verletzung der Aufsichtspflicht darstellen. Es sind schon Kinder ertrunken, wo die Mutter oder der Vater dabei waren. Im Wasser. Und nicht helfen konnten.

So etwas zieht man ganz anders auf.

§ 171 StGB ist hier einschlägig und bedroht den Pflichtverletzer mit bis zu drei jahren Gefängnis.

Für den konkreten Fall würde es fraglos einen großen Unterschied machen, ob der Schützling schwimmen kann oder nicht. Kann er es nicht, hat der Babysitter sicher ein massives problem. Kann er es, wird das deutlich kleiner. Dann müsste man aber auch plausibel erklären, warum es zum Ertrinken kommt und dann wäre wieder die Frage, ob auch bei lückenloser Aufsicht der Ertrinkungstod überhaupt zu verhindern gewesen wäre...

Zur allgemeinen Orientierung:

http://www.rechtslexikon.net/d/aufsichtspflicht-verletzung-der/aufsichtspflicht-verletzung-der.htm

Ich halte den eher nicht für einschlägig. Der Zweck des 171 scheint doch ein anderer zu sein.

@Droitteur

"Wer seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden,....wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Der Zweck der Strafvorschrift passt hier wie die Faust aufs Auge. :-)

@Atzec

Ja, den Text kenne ich^^ Es geht aber mehr um so etwas wie Verwahrlosung und in diesem Zusammenhang vor allem um eine ständig wiederkehrende, dauerhafte Verletzung der genannten Pflichten.

Wenn der Jurist vom "Zweck" spricht, meint er übrigens niemals rein den Wortlaut ;)

@Droitteur

Deine Ausführungen stellen keinerlei Einwand dar gegen die Anwendbarkeit des 171 im vorliegenden Fall. Sämtliche tatbestandsmerkmale der Strafvorschrift wären der Falldarstellung gemäß erfüllt.

@Atzec

Sorry, ich kann das nun mal nicht substantiiert, mit Verweis auf Autoritäten machen, weil ich mit dem 171 keine Erfahrung habe. Ich kann mich lediglich auf den Eindruck verlassen, den ich nach einem Blick in einen StGB-Kommentar gewonnen habe, und im Umkehrschluss auf die Tatsache, dass ich schon sehr viele ähnlich gelagerte Fälle im Studium bearbeitet habe und wir dabei nie dazu kamen, dass der 171 einschlägig wäre.

Wenn du es an einzelnen Tatbestandsmerkmalen festmachen willst: Fraglich ist die Voraussetzung der Gröblichkeit und der Taterfolg der Entwicklung.

Gröblich meint unter anderem, wie oben gesagt, Dauerhaftigkeit und Wiederholung.

Und sicher kann sich ein toter Körper nicht mehr entwickeln, aber ich bin mit meiner allgemeinen juristischen Erfahrung einfach davon überzeugt, dass der Begriff der "Entwicklung" im eigentlichen Sinne gemeint ist und nicht die weitere Folge daraus. Es gibt genügend Tatbestände, die sich mit dem beschäftigen, was du meinst - da heißt es dann aber auch durchweg anders: "an der Gesundheit schädigen", "Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung", "Leib oder Leben gefährdet".

Das alles kann vllt unter der Entwicklung gefasst werden, braucht aber einmal mehr das Moment von Wiederholung und Dauerhaftigkeit.

Wie gesagt - das ist nur mein persönlicher Eindruck. Den Paragraphen lesen kann ich natürlich auch, aber daneben habe ich eben auch andere einschlägige Erfahrungen; insofern liegt vllt auf der Hand, dass es zumindest irgendeinen Grund dafür gibt, dass ich es trotzdem anders sehe. Dieser Grund kann reiner Irrtum sein; aber Fakt ist, dass es aufs Lesen allein nicht ankommt.

@Droitteur

"Gröblich" implementiert als Wort nicht notwendig Wiederholung und Dauerhaftigkeit, sondern allgemeiner eine besonders starke, gravierende Pflichtverletzung. Die ist nicht nur bei Wiederholung und Dauerhaftigkeit gegeben, sondern kann auch eine einmalige Verfehlung charakterisieren.

Und was wäre schädigender für die körperliche und psychische Entwicklung als der Tod...?

Deine Skepsis bezüglich der Anwendbarkeit dieses paragraphen finde ich daher weiter nicht beeindruckend.

@Atzec

Muss dich ja nicht beeindrucken^^ Wie gesagt, ich bin da keine Autorität auf dem Gebiet und habe ganz einfach gerade keine weitere Literatur dazu als den Kommentar.

Außer dem reinen Wortlaut haben wir also nur dich und mich - ich will dich gar nicht beeindrucken, aber ich meine mal - wie gesagt, einen Irrtum meinersits will ich gar nicht ausschließen -, dass ich den besser einschätzen kann als ein Laie.

Naja die Aufsichtspflicht wurde nicht eingehalten ... ist der Baby sitter männlich ??

Ja so weit waren wir auch schon. Doch es geht darum was noch ?! Der Schützling stirbt ja. Kann man ihm zB fahlässige Tötung anhaften?

Tut das was zur Sache ober er Männlich oder weiblich ist?

@phillipphartman

"Anhaften" kann man ihm schon mal gar nichts.

Vorwerfen könnte man. Und ich kann mir nicht vorstellen, daß das in diesem Fall ein Straftatbestand sein könnte.

Auch in einem Buch sollte nichts allzu weit hergeholt werden.

@turalo
Auch in einem Buch sollte nichts allzu weit hergeholt werden.

Es ist schon weit hergeholt, dass ein 9 jähriges Kind einen Babysitter braucht. Zumindest unter normalen Umständen.

@phillipphartman

Nein, fahrlässige Tötung kommt hier nicht in Betracht. Davon spricht man, wenn man z.B. mit überhöhter Geschwindigkeit einen Menschen überfährt, der plötzlich auf die Fahrbahn läuft.

@phillipphartman

Es ist eine fahrlässige Tötung durch Unterlassen.

@StupidGirl

Aber dieses Kind ertrinkt sogar. Das ist kein normales Kind, das sind keine normalen Umstände^^

@Droitteur

Ich bin kein Jurist, aber fahrlässige Tötung setzt sicherlich voraus, dass der Todeserfolg unmittelbar durch die Fahrlässigkeit herbeigeführt wird. Die Verletzung der Aufsichtspflicht erfolgt hier wiederum nicht fahrlässig, sondern bewusst und gewollt und ist keine unmittelbare Todesursache. Die ist vielmehr das Ertrinken.

Fahrlässige Tötung kommt hier also nicht in Betracht, weil hier gar kein fahrlässiges Verhalten gegeben ist, sondern die Pflichtverletzung bewusst und willentlich erfolgt, also vorsätzlich und weil sie in keinem kausalen Verhältnis zum Todeserfolg steht.

So meine Einschätzung als Laie.

@Droitteur
Das ist kein normales Kind

Wo steht das?

das sind keine normalen Umstände

Wo steht das?

Auch ein völlig normales Kind kann ertrinken.

@StupidGirl

Wo das steht? Na, in dem Buch, das ich vor Augen habe. Das ist das eben so.

@Atzec
Es ist eine fahrlässige Tötung durch Unterlassen.

Dazu wiederum müsste man wissen, ob das Ertrinken überhaupt zu verhindern war.

@Atzec

Wir dürfen nach der Beschreibung schon davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung kausal für den Tod ist (und dass der Tod zu verhindern war) - sonst ergibt die Frage doch keinen Sinn. Selbstverständlich müsste man das hinterfragen - wäre das gewollt, müsste man dazu aber auch weitere Angaben machen. Es handelt sich hier immer noch um eine fiktive Geschichte und nicht um einen realen Fall, wo man den Sitter entweder reinreiten oder raushauen kann.

Für die fahrlässige Tötung muss der Tod durch Fahrlässigkeit verursacht werden. Für die Fahrlässigkeit ist ausschlaggebend, dass der Sitter - während er die Aufsicht unterließ - dachte, dass es schon gutgehen werde. Andernfalls würde es sich zwar nicht um Fahrlässigkeit, dann aber um Vorsatz handeln. Dann hätten wir Totschlag durch Unterlassen - erscheint dir das Ergebnis eher angemessen?^^

@Droitteur

Von irgendwelchen nicht normalen Umständen und einem nicht normalen Kind schreibt der FS nichts. Also geht man davon aus, dass es sich hier um einen völlig normalen 9-jährigen handelt, der aufgrund widriger Umstände ertrunken ist.

@StupidGirl

Ist doch egal, das war gar nicht ernst gemeint 0o Und dass die Aufsichtssituation nicht normalen Umständen entspricht - damit hast du doch angefangen. Da liegt es noch am nächsten, dass es sich, wenn a) das Kind trotzdem beaufsichtigt wird und b) das Kind ertrinkt, nicht um ein normales Kind handelt.

@Droitteur

Hätte - wäre- könnte...........Man muss viel zuviel in die vage Aussage des FS reininterpretieren, um hier einen Straftatbestand zu basteln.

@StupidGirl

Na, es geht schon; es ist quasi mein Beruf, Sachverhaltsangaben auszuwerten :D Da fehlt immer mal was oder ist unklar, manchmal unbewusst, manchmal aber auch beabsichtigt! - trotzdem muss man immer iwas daraus machen.
Und genauso liegt der Fall hier (selbstverständlich nur in meinen Augen): Dem Autor kommt es offensichtlich darauf an, dass der "Täter" sträflich eine Pflicht verletzt hat und dadurch jemand zu Tode gekommen ist, der ansonsten hätte verhindert werden können.

Wenn ich mich irre: Das erfahren wir ja erst, wenn man uns das mitteilt - und dann haben wir eben zwei Geschichten^^

@Droitteur

Du widersprichst dir doch selber. :-)

Für die fahrlässige Tötung muss der Tod durch Fahrlässigkeit verursacht werden.

Das ist ja auch mein Reden. Nur wird der Tod nicht duch die Aufsichtspflichtverletzung bewirkt. Bei der Kausalität geht es auch nicht um irgendeine konstruierte Ursächlichkeit - sonst könnte man auch die Eltern anklagen, weil deren zeugungsakt auch "ursächlich" für den Tod wäre... :-), sondern um Unmittelbarkeit! Und natürlich bewirkt die Aufsichtspflichtverletzung niemals unmittelbar den Tod, sondern nur, dass man den Schutzbefohlenen aus den Augen verliert. Ob dann gar nichts schlimmes passiert, er sich ein Haar krümmt oder eben zu Tode kommt, hängt von ganz anderen, unmittelbar wirkenden Ursachen ab. Eine Strafverfolgung wegen fahrlässiger Tötung scheidet hier also aus.

@Atzec

Die Schwierigkeit liegt vorliegend vor allem in der Kombination aus Fahrlässigkeit und Unterlassen.

Kausalität allein führt natürlich zu aberwitzigen Ergebnissen^^ Aber sie gehört zweifellos dazu: Hier insbesondere, weil die Strafbarkeit ja ausgeschlossen wäre, wenn sie nicht kausal wäre. Darum muss man wenigstens feststellen, dass sie nicht nicht ausgeschlossen ist^^

Hinzu kommen natürlich noch weitere Dinge, über die im Detail gestritten wird, die aber am Ergebnis in der Regel nichts ändern. Leider bin ich gerade zeitlich eng, komme jedoch später gern darauf zurück. Wichtig ist mir gerade nur die Bemerkung: Unmittelbarkeit ist kein passender Ausgleich für die sonst natürlich zu weit greifende Kausalität.

Falls du selbst forschen willst, es gibt unter einschlägigen Suchbegriffen ein paar hilfreiche Seiten zur fahrlässigen Tötung durch Unterlassen im Internet.

@Droitteur

Ich habe mir gerade mal ein Urteil über fahrlässige Tötung durch Unterlassen angeschaut. Da spielt im Hintergrund ebenfalls eine Aufsichtspflichtverletzung eine Rolle.

Da wird der Todeserfolg aber gerade unmittelbar kausal durch das Unterlassen konkretisierbarer Pflichten bewirkt: Nicht aufräumen und nicht kontrollieren der Aschereste.

Übertragen auf den gegebenen Fall hätte der Babysitter für fahrlässige Tötung durch Unterlassen wissen müssen, dass der neunjährige nicht schwimmen kann. Kann er aber schwimmen, scheidet das aus. An der Stelle gibt halt die Sachverhaltsdarstellung nichts her.

@Atzec

Selbstverständlich muss eine konkretisierbare Pflicht vorliegen: Sonst könnte man ja schlecht von einer Pflichtverletzung sprechen.

Nach meiner Auffassung kann man bei einem Neunjährigen damit rechnen, dass er zB zu weit rausschwimmt und sich also mit seinen Kräften übernimmt. Dieser Auffassung muss man natürlich nicht folgen.