Arbeitsrecht - müssen die Abmahnungen den gleichen Grund haben,damit sie einer Kündigung vorausgehen
Wer kennt sich hier richtig gut mit Arbeitsrecht aus? Kurze Beschreibung des Falles... 15 Jahre Zugehörigkeit beim Arbeitgeber, der Arbeitgeber schmeißt aber mal gerne mit Abmahnung umher, in der Personalakte befinden sich zwei Abmahnungen aus dem Jahr 2014. Einmal wegen Rauchen innerhalb der Arbeitszeit und einmal wegen zu späten Bescheid sagen bei Krankheit (ob diese jetzt rechtens sind und ob es wirklich so wahr, sei mal dahin gestellt!), auch kündigt der Arbeitgeber gerne mal einfach so Leute. Nun meine Frage.. kann der AG aufgrund der zwei Abmahnungen, den AN einfach kündigen? Oder müssen die Abmahnungen den gleichen Grund vorweisen? Nach 15 Jahren hätte der AG ja eine 6 Monatige Kündigungsfrist, oder? Eine Rechtschutzversicherung für ARbeitsrecht habe ich abgeschlossen - zur Sicherheit. Kann ich klagen, wenn er mich kündigt? Oder macht das dann keinen Sinn mehr, weil aufgrund der zwei Abmahnungen, der AG im Recht ist... ? HOffe hier ist ein Arbeitsrechtler unter uns... Vielen Dank im Voraus.
8 Antworten
Für eine Kündigung braucht man einen Kündigungsgrund, der die Kündigung trägt. Ein Grund, für den eine Abmahnung ausgesprochen wurde, ist als Abmahnungsgrund verbraucht und rechtfertigt keine Kündigung mehr. Nur im Wiederholungsfall kann gekündigt werden. Es ist aber ein nicht zutreffendes Gerücht, dass immer dreimal abgemahnt werden muss. Richtig ist vielmehr, dass es auf die Schwere des Verstoßes ankommt. Manche Verstöße sind so schwerwiegend, dass schon beim ersten Mal gekündigt werden kann, andere müssen mehrfach treten, um die Kündigung zu rechtfertigen. Mit dem Zugang der Kündigung beginnt die dreiwöchige Frist zu laufen, um vor dem Arbeitsgericht gegen die Kündigung zu klagen. Ist diese Ausschlussfrist abgelaufen, kann die Kündigung (von ganz seltenen Ausnahmefällen abgesehen) nicht mehr angegriffen werden. Gegen eine Kündigung sollte man sich in der Regel immer wehren, da sonst eine Sperre bei der Arbeitsagentur für das ALG droht.
Ja, eine krankheitsbedingte Kündigung ist ein anerkannter Kündigungsgrund nach dem Kündigungsschutzgesetz. Hierzu muss allerdings eine erhebliche Anzahl von Krankheitstagen pro Jahr vorliegen und eine negative Gesundheitsprognose gegeben sein. Diese liegt vor allem bei längerfristigen und chronischen Krankheiten vor, nicht jedoch bei häufig wechselnden und ausheilenden Krankheitsursachen. Die Beurteilung hängt aber stark vom jeweiligen Einzelfall ab.
Für eine Kündigung braucht man einen Kündigungsgrund
Wo steht das?
Für eine Kündigung braucht man einen Kündigungsgrund, der die Kündigung trägt.
Nein, für eine ordentliche Kündigung gibt es keine gesetzlich fixierte Begründungspflicht.
Es gibt keine Pflicht, einen Grund anzugeben. Aber wenn die Kündigung angefochten wird, sollte man vor Gericht schon einen Grund vorweisen können. Vorausgesetzt das Arbeitsbverhältnis bestand länger als 6 Monate.
Kündigungsschutzgesetz:
§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. .............
Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur für Betriebe, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen. Ob das hier zutrifft, kann ich aus der Fragestellung nicht erkennen.
Ich stoße mich immer an der Aussage "Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht für Kleinbetriebe".
Genau genommen heißt es nämlich "Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden......" usw.
Demnach gilt zwar der von mir zitierte §2 nicht, aber dennoch ist auch in einem Kleinbetrieb eine Klage möglich. Und sie kann Erfolg haben, wenn die Kündigung treuwidrig, sittenwidrig sind oder nicht ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme angewendet wurde.
Bist du, wie dein Name vermuten lässt, 1982 geborgen? Dann beachte bitte
"Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt."
Das heißt, es gilt bei dir eine anzurechnende Beschäftigungsdauer von derzeit maximal sieben Jahren.
Im Bezug auf die Abmahnungen gibt es keine klaren gesetzlichen Regeln. Es gibt keine gesesetzliche Definition des Begriffs "Abmahnung". Bei einem schwerwiegenden Verstoß kann auch ohne Abmahnung gleich gekündigkt werden. Wobei nirgens festgelegt ist, was ein "schwerwiegender Verstoß" ist.
Das heißt, dein Chef kann dich kündigen, du kannst ihn darauf hin verklagen, und das Gericht entscheidet dann individuell den Einzelfall.
Verrückt.. das was du im ersten Absatz geschrieben hast... das wusste ich noch gar nicht.. kannst du mir das Gesetz dazu nennen?
http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__622.html
Absatz (2), letzter Satz
"Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt."
Das kannst Du vergessen. In der Rechtsprechung wurde sogar schon vom EuGH festgestellt, dass dies gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt und damit nicht rechtens ist.
Das steht nur noch im Gesetzbuch weil der Gesetzgeber den Paragraphen noch nicht geändert hat, findet aberbei den Gerichten keine Anwendung mehr.
Hast du dafür eine Quelle?
Das steht zwar noch dort, ist aber mit EU-Recht nicht vereinbar, also hinfällig. (BAG, Urteile vom 09.09.2010, 2 AZR 714/08, und vom 30.09.2010, 2 AZR 456/09)
Vielen Dank für die Quelle. Da war ich wohl nicht up-to-date. Sorry an Peggy1982 :-/
"Nun meine Frage.. kann der AG aufgrund der zwei Abmahnungen, den AN einfach kündigen?"
Wenn es für ein Fehlverhalten eine Abmahnung gegeben hat, kann danach (ohne dass ein weiteres Fehlverhalten passiert) keine Kündigung ausgesprochen werden. Das ginge erst nach einem weiteren Fehlverhalten aus dem bereits abgemahnten Grund.
Eine Abmahnung besagt ja. "wenn dieses Fehlverhalten nochmal passiert, kann es eine Kündigung geben."
Momentan dürfte dir also nix passieren, solange nichts Weiteres passiert.
Die Klage gegen eine Kündigung wäre natürlich immer zu prüfen. Das kommt auf die jeweiligen Umstände an.
Ich verstehe Dein Problem nicht. Du bist rechtsschutzversichert und warum bitte holst Du Dir dann nicht direkt Auskunft bei einem Anwalt. Rufe doch bei Deiner Versicherung an, schildere denen den Fall. Manche Versicherungen haben sogar selber Anwälte, die dafür da sind, solche Auskünfte zu erteilen. Deine Versicherung wird sehr wahrscheinlich auch Beratungskosten übernehmen. Manche Anwälte geben bei so einer pauschal zu beantwortenden Frage kostenlos Auskunft. Verlasse Dich doch nicht darauf, was man Dir hier sagt, hinterher gehst Du von völlig falschen Voraussetzungen aus und die Gesetzeslage ändert sich permanent. Was vor zwei Jahren gültig war, kann heute ganz anders gehandhabt werden.
Die Rechtsschutz läuft erst ab Mitte Mai... gibt aber jetzt schon Probleme mit dem Arbeitgeber... darum wollte ich vorsorglich fragen, wie die Chancen für den AN stehen... trotz der zwei Abmahnungen in der Akte..
Ich würde mir da jetzt noch keine Gedanken drum machen und einfach abwarten. Was bringt es Dir zu wissen, was wenn wäre? Würdest Du versuchen das Ruder rumzureißen, wenn die Abmahnungen eine Rolle spielen? Nun ja, ich glaube nicht, dass Du da was beeinflussen könntest. Oder sagst Du Dir, dass Du im Falle, wenn die keine Rolle spielen, Deinen Chef ein wenig ärgern möchtest, um den Kündigungsvorgang zu beschleunigen? Was bringt Dir dieses Wissen im Vorfeld? Es kommt doch so oder so, wie es kommt. Warum machst Du Dir jetzt also schon Sorgen?
ja es ist kompliziert und eine lange geschichte.. danke dir für deine Antwort
Abmahnungen dienen dazu dem AN zu zeigen dass sein Verhalten nicht korrekt ist und er dies in der Zukunft ändern muss. Sie sind also eine Aufforderung zur Besserung.
Entgegen leider nicht tot zu bekommender Meinung reicht eine Abmahnung um den AN bei gleichem Vergehen zu kündigen. Er hat die Abmahnung ja dann entweder nicht verstanden oder sie ist ihm egal.
Wenn der aufgrund einer vorangegangenen Abmahnung kündigt, muss der Kündigungsgrund i.d.R. schon einmal abgemahnt sein (außer in extremen Fällen).
Bei Deinen genannten Beispielen kann der AG also im Wiederholungsfall kündigen. Kündigt er aus einem anderen verhaltensbedingten Grund und Du hast wegen des gleichen Vergehens noch keine Abmahnung erhalten, würde ich Dir auf alle Fälle zur Kündigungsschutzklage raten.
Du musst aber beachten, dass dies innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung geschehen muss. Sonst ist die Kündigung gültig obwohl sie evtl. nicht rechtens ist.
Nur der Vollständigkeit halber: Es hat auch schon Fälle gegeben, in denen bei Vorliegen mehrerer Abmahnungen (mit verschiedenen Gründen und ohne Wiederholungs-Charakter) wirksam gekündigt wurde.
Danke für diese ausführliche Antwort... die Rechtschutz läuft erst ab Mitte Mai... Kann der AG wegen Krankheit kündigen?