Wohnrecht Wert und Anrechnung auf Pflichtteil?

5 Antworten

Die erste Frage ist ja, wann dem Bruder das Wohnrecht eingeräumt werden soll. Üblicherweise würde die Mutter das doch sofort tun, oder soll das wirklich nur im Testament stehen, und nicht sofort im Grundbuch? Lebt der Bruder denn mit 53 noch in der elterlichen Wohnung?

2. Du hättest jetzt auf das väterliche Erbe einen Pflichtteilsanspruch, der nach drei Jahren verjährt. Ich finde es aber zunächst gut, daß Ihr den nicht beansprucht und das akzeptiert. Die Mutter kann dann anschließend natürlich machen, was sie will.

3. Je nach Wert des zukünftig zu erwartenden Gesamterbes der Mutter hättest evtl. dann sogar Du einen Pflichtteilsanspruch gegen den Bruder. Da er ja noch recht "jung" ist und gemäß Sterbetabelle noch ca. 27 Jahre durchschnittliche Lebenserwartung hätte, würde sich bei einer Jahreskaltmiete von 7.200,-€ ja ein Wert von 194.000,-€ für das Wohnrecht ergeben.

4. Wenn das Wohnrecht bereits jetzt vergeben wird, kommt evtl. die 10-Jahres-Abschmelzung in Betracht bzgl. Pflichtteil.

5. Letztendlich sind die genaueren Umstände wichtig. Will die Mutter einen Sohn versorgt wissen, der sich mit 53 noch nicht selbst versorgen kann, weil er evtl. psychische Probleme hat? Willst Du das zu Deinen Ungunsten akzeptieren?

6. Es sind ja unzählige Varianten denkbar. Wichtig ist, wer bzgl. der Wohnung welche Kosten trägt und wann das Wohnrecht endet. Z.B. bei Heimaufnahme ohne Kapitalisierung; der Bruder könnte auch zur Zahlung der Instandhaltungsrücklage beim Hausgeld zu Deinen Gunsten verpflichtet werden.

Als Laie.

Danke für Deine ausführliche Antwort, den Pflichtteil will ich nicht fordern, gehört sich meiner Meinung nach nicht. Schließlich haben sich meine Eltern alles erarbeitet.

Mein Bruder ist berufstätig, hat ein abgeschlossenes Studium, er wohnt derzeit 120 km entfernt, möchte aber in ein paar Jahren zum Arbeiten aufhören und wieder zurückziehen. Er ist finanziell unabhängig, war aber immer das Sorgenkind, weil er nicht so gut mit seinen Mitmenschen zurechtkommt und dadurch öfter den Job gewechselt hat.

Bei der Wohnung handelt es sich um eine 4-Zimmer-Wohnung im Münchner Umland, da beträgt die Miete derzeit mind. € 800.

Bin jemand dem Harmonie, Sicherheit und Gerechtigkeit wichtig ist. Da ich nur wenige Jahre jünger als mein Bruder bin, bedeutet es, dass ich an mein Erbteil vermutlich erst im hohen Alter herankomme.

Selbst meinen zwei Kindern könnte ich dann bei der Familiengründung keine Unterstützung zukommen lassen. Bei einem etwaigen Scheidungsfall, müsste ich Miete bezahlen und im schlimmsten Fall auch noch die Sanierungskosten für die Wohnung in der mein Bruder wohnt. Zudem befürchte ich, dass er bei jeder Reparatur bei mir anklopft.

Würde lieber alles klar trennen, aber mein Vater hat es ihm wohl mündlich zugesagt.

Eigentlich will ich nur in Ruhe trauern .

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Sirius

Andri hat im Grunde alles beschrieben. Von mir noch drei Randbemerkungen:

Nehmen wir einmal an, der Mietwert der mit dem Wohnrecht zu belegende ETW würde 500 € mtl. betragen. Dann hätte das Wohnrecht einen Wert von immerhin 83.300,-- €.

Solange das dingliche Wohnrecht besteht, kannst du die Wohnung nicht beleihen; kein Kreditinstitut geht mit ihrer Grundschuld an die zweite Rangstelle, also im Range nach 83.300,-- €.

Es dürfte sich auch kein Käufer finden, der das Grundstück mit Wohnrecht erwirbt. Wer wäre schon bereit, auf Selbstnutzung oder Ertrag auf mehrere Jahrzehnte zu verzichten?

Über die Möglichkeit einer Ausgleichspflicht (Erbe und Pflichtteil) des Bevorteilten informiert dein Notar.

Dank für Deine hilfreiche Rückmeldung. Kaltmiete dürfte hier im Münchner Umland wohl bei mind. € 800 für eine 4-Zi-Wohnung liegen.

Es gibt Tabellen für die Lebenserwartung Männer da wird 27 Jahre angegeben und eine Spalte Kapitalwert mit 14. Welche Zahl wird für die Berechnung zugrundegelegt?

Berechnet der Notar den Wert des Wohnrechts und ggf. die Höhe einer Ausgleichszahlung?

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@Sirius100

Siirius:

Die gewünschten Zahlen:

Wert des Wohnrechts für Mann, 53 J., Lebenserwartung 26,48 Jahre, Jahresmiete 9.600 €, Faktor 27,32 = 262.272,-- €.

Notarkosten: Wert 15fach = 144.000 €, 20/10 Gebühr für die Beurkundung 424,80 € + Schreibgebühren, Porti etc., + 19 % Umsatzsteuer.

Lass dich vom Notar beraten, insbes. über Sinn und Zweck eines Rangvorbehalts und einer Vorlöschklausel (Löschungserleichterung).

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@Sirius100

Den abgezinsten, niedrigeren Kapitalswerts-Faktor gemäß Bewertungsgesetz müssen m.E. nur öffentliche Stellen verwenden. Privatpersonen können Mietwert mit Lebenserwartung multiplizieren. So macht das ja auch Franzl.

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@Andri123

Meinst Du das Finanzamt würde für etwaige Steuer den Kapitalwert für die Berechnung nehmen, weil die Steuer ja quasi im Vorhinein für die ganze Zeit fällig wird. Bei der Bewertung Wohnrecht würde der Notar aber die Lebenserwartung nehmen, da man erst im Nachhinein darüber verfügen kann?

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Nachteil ist allerdings er ist örtlich gebunden und falls er aus gesundheitlichen Gründen dort nicht mehr wohnen kann ist es nicht gerecht geregelt.

Das liesse sich dahingehend ändern, das dem Wohnungsberechtigten vertraglich eine Weitervermietung an Dritte n. § 1092 I 2 BGB ausdrücklich gestattet wird.
Dazu wärst du n. § 242 BGB ohnehin verpflichtbar, etwa wenn dein Bruder Bewohner einer stationären Pflgeeinrichtung würde und die Kosten nur mit diesen Mieteinnahmen aufbringen könnte.

Würde das Wohnrecht auf den Pflichtteil angerechnet oder kann er den noch von mir fordern?

Ja, Pflichtteilsergänzung für den wahrscheinlichen Fall, dass sein Erbe aus fiktivem Nachlass mit hälftigem Wohnungswert höher wäre als sein tatsächliche Erbe mit Wohnrechtwert.

Mein Vorteil ist, dass mir dann irgendwann die komplette Wohnung gehört, der Nachteil, dass ich vermutlich 30 Jahre nichts davon habe (...) und dann noch die anstehenden Sanierungen an der Wohnung (Dach etc) mitbezahlen.

Nicht mit-, sondern voll bezahlen. Ganz richtig: Zur Annahme eines derart doppelt beschwerten Erbes kann dich daher niemand zwingen. Als Erbengemeinschaft könnt ihr euch abweichend ganz anders entscheiden:

  1. Will der Bruder die Wohnung, einigt man sich, sie ihm zum Verkehrswert, § 136 BewG, abzügl. seines Wohnrechtwerts zu verkaufen
  2. Will er sie nicht nutzen und du sie nicht erhalten oder gar sanieren müssen, verkauft man sie freihändig und teilt den Erlös dementsprechend: Er bekommt den Verkaufserlös in Höhe seines Wohnrechts plus Pflichtteilsergänzungsanspruch, du den Rest.

G imager761

Danke für Deine hilfreiche Antwort. Mein Bruder hat kein Interesse die Wohnung zu übernehmen, also mich auszuzahlen, da er keine Familie hat. Für ihn ist es besser er wohnt kostenfrei und kann dann sein Geld für Reisen ausgeben.

Da ich als Frau in der typischen Mutter/Teilzeit/Falle bin habe ich später eine geringe Rente und die Sorge, wie ich die Renovierungskosten für diese Wohnung zahlen soll, über die ich erst vielleicht mit 75 Jahren verfügen kann.

Weder meine Mutter noch mein Bruder verstehen meine Sichtweise, Sorgen und Bedenken.

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Ein lebenslanges Wohnrecht bedeutet nicht automatisch, dass es komplett von Mietzahlungen befreit ist.

Der Notar kann für den Fall das der Wohnrechtinhaber nicht mehr dort wohnen kann eine für Dich positive Klausel formulieren.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das Wohnrecht wird auf den Pflichtteil angerechnet.