"Von Reichen lernt man das sparen". Was ist konkret dran an diesem Spruch, was kann man auch als Normalo dabei lernen?

9 Antworten

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"Von Reichen lernt man das sparen".

Steuersparmodelle, Steuervermeidung dank weltweiter (gewollter) Gesetzteslücken, Kartellbildung, Monopolisierung, Briefkastenfirmen in Übersee, Geplante Obsoleszenz in der Produktion, Lohnversklavung beim Bau von Fussballarenen - von billigen Haushaltshilfen in brasilianischen und arabischen Haushalten - von chinesischen Wanderarbeitern, die weltweit auf der Neuen Seidenstraße eingesetzt werden - von osteuropäischen Werkvertrags-Menschen, die industrielle Schlachthöfe seit mehr als 100 Jahren mit ihrer Arbeitskraft "beglücken"; KORRUPTION, Lobbyismus, Kastensysteme wie in Indien, die bewusste in Kauf genommene Vergemeinschaftung der Verluste hin zur Öffentlichen Hand (Finanzkrise) bei gleichzeitiger Privatisierung der Gewinne in der Händen der 1%.

Also kurz: alle mögliche Geißeln des Turbokapitalismus sind Grundbaustein und Voraussetzung der Vermögensbildung bei Reichen und Superreichen.

Spare kann man von reichen nicht lernen. Es ist nicht sparsam, die Hälfte seines Vermögens zu verschenken, viel zu spenden, soziale Einrichtungen zu unterstützen, Privatjets zu haben, toll zu wohnen, zig Leute für sich zu beschäftigen oder sonst viel Geld auszugeben.

Es gibt Reiche, die (noch) nicht gelernt haben, gut zu essen und zu trinken. Es gibt einige, die Wohnmobile oder Ferienhäuser ohne Personal haben weil sie das im Urlaub "brauchen". Sparsam ist auch das nicht! Es sind halt nicht alle Menschen gleich und in der letzten Zeit sind auch viele neu reich geworden. Es gibt keine Schule, in der man lernt, wie man Geld ausgibt und das sieht dann manchmal sparsam aus.

Was man von Reichen lernen kann und sollte ist, dass man für Dinge, für die es Spezialisten gibt, die auch nützen sollte. Damit meine ich nicht vor allem putzen, kochen oder die Betreuung des Garens und der Kinder. Du wirst kaum einen reichen Menschen finden, der seine Steuer selbst macht, sich um die Versicherungen oder seine Mieter kümmert. Wenn es einen Vertrag zu unterzeichnen gibt, schaut den ein Anwalt an, der das kann oder dafür haftet. Tausende von Family-Offices und Vermögensverwaltern kümmern sich um die Verwaltung Ihrer Vermögen.

Es ist ein wesentlicher Unterschied, dass Reiche höchstens mit Spielgeld zocken, die Verwaltung ihres Vermögens (auch das Research, also die Suche nach Anlagegelegenheiten) aber an Profis geben, die dafür teilweise viel Geld verlangen und trotzdem - für sie - jeden Cent wert sind.

Dass man nicht der Werbung glaubend

  • selbst seine Strategie machen,
  • in möglichst billige Produkte anlegen,
  • alle Anfängerfehler die es zu machen gibt machend und
  • dabei vergessen sollte, wo man eigentlich hin wollte,

... kann man von Reichen lernen. Das gilt natürlich nicht nur für das Vermögensmanagement, sondern auch für Steuer, Versicherungen oder rechtliche Fragen.

Ja, eine "gute" Beratung - The Big Five mal wieder ganz vorne mit dabei - nebst einer überaus wohwollenden und personell unterbesetzten Finanzaufsicht waren ja bekanntlich zu lange huldvolle Stütze der Wirecard AG aus Aschheim.

Ist das nicht in Eurer Münchenener Schickeria der neue VIP-Rohrkrepier mit diesem Psychopathen M. Braun an der Spitze .... ?

Hier werden hunderte von Klagen folgen, die gerichtsverfahren werden sich mindestens über eineinhalb Jahrzehnte hinziehen. Man erinnere sich nur mal an den FlowTex-Skandal aus den 90ern. Ein praktisch gleicher Betrugsfall mit noch höheren Verlusten bzw. Luftbuchungen. Aus Dir spricht der Superkapatalist, Rat2010, verzeih mir die Wortwahl gerne - von genau diesen elitären Kreis, der immerzu beständig um ein sich selbst vermehrendes Vermögen tanzt, also das Geld hortet nur um des Geldes wegen, und eben nicht darum:

Es ist nicht sparsam, die Hälfte seines Vermögens zu verschenken, viel zu spenden, soziale Einrichtungen zu unterstützen, Privatjets zu haben, toll zu wohnen, zig Leute für sich zu beschäftigen oder sonst viel Geld auszugeben.

spricht auch T. Piketty.

Deine Antwort finde ich dennoch erhellend, weil man einen guten Fingerzeig erhält, wie man es selbst anstellt, mit dem Geldvermehren, wenn denn noch genug dafür übrig ist.

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@Maerz2019

Lebe du dein Leben! Aber lasse mich blos meines leben!!!

In deiner kleinen Welt der bösen Kapitalisten und der armen Arbeiter ist alles schön schwarz/weiß. Dass einfache Menschen (Arbeiter, Angestellte) durch ganz einfach fehlende Beratungsresistenz reich werden ist dir so fremd wie München.

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@Rat2010

Auch in bin eine kleine Kapitalistin, und ich kenne wirklich niemanden mehr, der kein Kapitalist wäre, echt nicht. Das war in Eurer rebellischen Jugend (Generation) noch etwas anders, schätze ich, Rat Aber auch bin ich eine große Anhängerin der Degrowth-Bewegung. Im Wissen, dass dies aktuell nur im Kleinen umzusetzen ist.

Nur - und es ist einfach nicht von der Hand zu weisen - ist der Spätkapitalismus so nicht mehr zu halten, in all seiner Fratze und seinen Ausuferungen und Maßlosigkeiten, die ich deutlich versucht habe zu beschreiben. Bewusst polarisierend und in der Erwartung, dass da noch was kommt .... . In 50 bis 70 Jahren, vielleicht schon früher wissen wir mehr. Allein Ressourcen und Umwelt werden dann unser Schicksal entscheiden und eher nicht mehr nur die Knete. Aber wer weiss?

Für eine alle Seiten beleuchtende Debatte ist finanzfrage auch gar nicht geeignet.

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@Maerz2019

Seit Enron, also seit gut 15 Jahren, sind es übrigens "Big Four".

"Spätkapitalismus" naja. Vielleicht anderswo. Dass das mit dem Kapitalismus wie es in D läuft auch dann noch funktionieren wird, wenn man die Umwelt und den Rest der Welt eine Ecke weniger ausnützt, ist hier offensichtlich.

In D macht Ausuferung und Maßlosigkeit auch keinen Spaß und ich denke, dass es nur kleine Schritte Richtung Überwachung aller Zahlungen braucht und die Welt wird eine wesentlich gerechtere und bessere. Dass man dazu nicht nur Bargeld sondern auch Kryptowährungen abschaffen und auch die letzten Staaten animieren müsste, mitzumachen, scheint noch undenkbar. Seit sich die USA die Schweiz "hingegängelt" hat und scheinbar ohne TIN wirklich nichts mehr geht, scheint mir aber alles möglich.

Es sind kleine Schritte. Keine Revolutionen, die ja immer auch das Gegenteil von dem bewirken, wofür sie angestrengt wurden.

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Nicht wenige sehr erfolgreiche oder ehemals erfolgreiche Unternehmer haben sich durch Frömmigkeit zur Sparsamkeit selbstverpflichtet bzw. zum maßvollem oder "richtigen" Umgang mit Geld; Beispiele wären RITTAL (Friedhelm Loh), DEICHMANN SE, C&A (Brenninkmeijer), ABUS in Wetter.

Interessant ist in dem Zusammenhang ggf. diese Literatur: Autor Rainer Zitelmann - Psychologie der Superreichen: Das verborgene Wissen der Vermögenselite

Der frzt. Volkswirtschaftler Thomas Piketty stellt aber in "Das Kapital im 21. Jahrhundert" (Le Capital au XXIe siècle) ganz klar wissenschaftlich fest, dass Reichtum ab einem bestimmten Punkt wie ein Perpetuum mobile funktioniert: dass die Vermögen praktisch wie von selbst nur noch dazu genutzt werden, das eigene Vermögen zu mehren. Dies der Hauptgrund, warum die soziale Schere immer weiter auseinander klafft.

Diese gravierenden Unterschiede in der Einkommensverteilung, die im Großen und Ganzen seit etwa spätestens dem Wirtschaftswunder der 50er Jahre in Europa und in den USA, wahrscheinlich aber schon seit dem Ende der Großen Depression, wirksam sind (später genannt Neoliberalisierung und Globalisierung) ....

.... führen zu immer mehr Ungleichheiten beim Einkommen (nach unten wie oben). Diese Ungleichheiten sind aber aber seit den 1980er Jahren so dermaßen drastischen Außmasses, dass den unteren Einkommen immer weniger Geld und damit Sparen zur Vermögensbildung übrig bleibt.

Wir Normalos sitzen sozusagen alle im Knast der Superreichen und mit dem Kapitalismus in unserer heutigen Form, werden wir dort nicht alleine wieder herausfinden. Das Standardwerk von T. Piketty hat 816 Seiten und es bedarf sicher einiger tiefer wirtschaftlicher Vorkenntnisse, die Inhalte voll und ganz zu verstehen. Es ist ein wissenschaftliches Buch und hat für viel Aufsehen bei seinem Erscheinen 2013/14 gesorgt.

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@Maerz2019

Ich sagte ja schon dass geschichte auch nicht deine stärke ist.

Du könntest z.b. mal nachforschen was ein inka ist.

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