Outperformance in Krisenzeiten dank niedriger Korrelation?

1 Antwort

Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob diese Frage ernst gemeint ist oder wieder mal eine Frage aus dem Urwald darstellt, wo Ingo herumhüpft.

Zunächst mal: einen "Gesamtmarkt" gibt es nicht wirklich. Man muß für Korrelationen schon auf etwas granulareres als den MSCI World oder MSCI ACWI gehen.

Man muß Korrelationen über die Zeit betrachten, d.h. insbesondere zwischen Korrelationen in Zeiten positiver und an negativer Indexveränderungen differenzieren. Es zeigt sich nämlich, daß durch die Vielzahl von Indexinvestments die Korrelation der Konstituenten in wesentlichen investierbaren Indices nämlich recht hoch wird, wenn der jeweilige Index steigt, und noch höher sind, wenn der jeweilige Index fällt. Das liegt daran, daß außer den Indexinvestoren dann auch noch weitere Marktteilnehmer ihre Aktien verkaufen.

Geht man zur Erreichung von Diversifikationseffekten nicht auf einzelne Aktien, sondern auf Indices, so ergibt sich beispielsweise folgendes Bild:

http://www.finanztreff.de/partner_korrelation.htn?partnerId=35&seite=zertifikate

Diese Korrelationen würde man in Zeitreihen betrachten, d.h. eigentlich die Zeit als dritte Achse bekommen, entlang derer sich die Korrelationen verändern.

Für die Konstruktion eines Portfolios kann man dann miteinander wenig korrelierte Positionen (Korrelation -0,2..+0,2) nehmen, um Volatilitäten herauszumitteln. Die Tatsache, daß Du mit dem DAX wenig korrelierte Positionen hast, sagt noch nichts über die Volatilität oder Performance dieser Positionen aus - ebensowenig über eine Out- oder Underperformance des Portfolios in Bezug auf irgendeinen Index. Bei Performance und Volatilität eines Portfolios geht es um die Korrelation der Positionen untereinander.

Für die Umsetzung dieser Strategie nimmt man Aktien oder Indices, die miteinander paarweise eine absolut betrachtet geringe Korrelation (-0,2..+0,2) aufweisen und versucht eine Minimierung dieser kumulierten Portfoliokorrelationen durchzuführen, um eine hohe Diversifikation zu erreichen. Geht man von langfristigen Aufwärtstrends der einzelnen Basisinstrumente aus, kann man dadurch Volatilitäten reduzieren. Allerdings gibt es Marktphasen, in denen Korrelationen generell gering sind, so daß das Risiko der Fehlauswahl besteht. Beispiel hierfür sind illiquidere Zeiten oder Zeiten vor Berichtsperioden bzw. wesentlichen Ankündigungen.

Der andere Weg wäre über eine hohe Antikorrelation Auf- und Abschwungphasen eines Marktes mitzunehmen. Korrelationen von -1,0..-0,7 wären dafür geeignet. Man kann natürlich auch einfach ein Long- bzw. Short-Instrument nehmen, d.h. in negativen Marktphasen Puts einsetzen und in positiven Phasen über Calls mit zu partizipieren. Je nach erwarteter Volatilität gibt es noch verschiedene Varianten davon, die Du z.B. ausschnittsweise auf der Wikipedia-Seite zu "Optionsstrategien" dargestellt bekommst.

Nachteil: in Seitwärtsmärkten und Phasen unklarer Trends (erratische Bewegungen) wird dies nicht immer funktionieren.

Was hat dann Beta damit zu tun? Nun, "low beta" Werte sind wenig mit dem Referenzindex korrelierte Werte. Man bekommt mit "low beta" zwar nicht automatisch eine Outperformance, aber immerhin entwickeln diese sich recht unabhängig vom Referenzindex. Insbesondere sind sie robuster gegen Abwärtsbewegungen - allerdings partizipieren sie auch nicht so sehr an Aufwärtsbewegungen :-) Interessant wären daher "low beta" Aktien mit hoher Dividende.

Letztendlich gibt es jedoch keine perfekte Einzelstrategie, wie unzählige Rückrechnungen von zahllosen Analysten zeigen, die sich mit den Zeitreihen noch unzähligerer Aktien, Indices und Marktkennzahlen befassen, sowie deren Korrelation und historische Performance und Volatilitäten. Eine Strategie muß für die jeweilige Marktphase angemessen sein - und nicht einmal dafür gibt es Patentrezepte - denn viele Strategien setzen ein gewisses Muster des Kursverlaufs voraus. Das kann man jedoch erst a posteriori erkennen, wenn man aber nicht mehr in die Vergangenheit investieren kann.

Daher gibt es defensive (z.B. fundamental über Unternehmenskennzahlen zur Identifikation unterbewerteter Aktien, über high-dividend/low-beta Ansätze oder mit Minimum-Variance-Rechnungen) und riskantere Strategien (z.B. Trendfolger, Absicherungen über Optionsstrategien, Selektion von Growth-Werten), die alle irgendwann funktionieren und irgendwann nicht :-) Projektionen auf Basis historischer Werte werden eben schnell Makulatur, wenn etwas passiert, das historisch noch nicht beobachtet wurde. Fukushima war ein Beispiel. Die Finanzkrise mit einem anderen Blick auf Verschuldungen und Vertrauen in Banken war ein weiteres. Die Annektion der Krim und die Folgen für Russland wären noch eins.

Das genau ist aber die Existenzberechtigung für Fondsmanager und Vermögensverwalter, die nicht durch "intelligente" ETFs ersetzt werden können. Erfahrung zählt. Eine einzelne, feste Strategie mag positive Ergebnisse über die Zeit hinweg ergeben - das liegt jedoch nur am langfristigen Aufwärtstrend.