Jetzt noch in Anleihen investieren?
Finanzexperten sagen den baldigen Zusammenbruch des Weltwährungssystems voraus. Und die Anzeichen dafür verdichten sich. Ist es angesichts der fortschreitenden Inflation jetzt nicht mehr ratsam, in unkündbare festverzinsliche Wertpapiere (z. B. außerbörsliche Anleihen) zu investieren? Wenn die in einigen Jahren zurück gezahlt werden, kriege ich vielleicht nur noch einen Bruchteil des jetzigen Wertes zurück.
4 Antworten

Es gibt nicht "die Finanzexperten" als homogene Gruppe, in der alle die gleiche Meinung vertreten. Es gibt tatsächlich einige Menschen, die eine gute Ausbildung und viel Wissen haben. Aber selbst die können nur eine Einschätzung abgeben für wie wahrscheinlich sie gewisse Szenarien halten. Kein Wissenschaftler wird dir irgendwas mit hundertprozentiger Sicherheit voraussagen. Zumindest nicht, wenn es sich um einen seriösen Wissenschaftler handelt. Neben echten Experten gibt es aber bei Finanzen, wie bei vielem anderen auch, auch sehr viele selbsternannte Experten mit mehr oder weniger dubiosem Hintergrund. Und ja, da gibt's ein paar, die glauben, dass die Welt zeitnah in ihren Grundfesten erschüttert wird. Und etliche andere, die davon überzeugt sind, dass auch in Zukunft alles weitergehen wird wie bisher. In der Realität wird es wahrscheinlich irgendwas in der Mitte sein. Also immer wieder kleinere Veränderungen in moderatem Tempo.
Was das Anlagen von Geld angeht, ist es generell schwierig. Weil das, was mit wenig Risiken behaftet ist oft wenig Rendite verspricht. Und das mit großen Risiken im worst case einfach weg sein kann. Wenn du absolut keine Ahnung hast, aber Geld, das du anlegen willst, investiere doch in einen oder zwei unabhängige Berater. Kann zwar sein, dass die Beratung ein bisschen was kostet. Dafür kannst du dir dann auch sicher sein, dass auf deine Situation eingegangen wird und dir nicht irgendwas angedreht wird, wo vor allem der Berater verdient.

Manche Finanzexperten sagen den Weltuntergang voraus. Andere nicht. Das ist sehr praktisch, denn egal was passiert, man kann immer irgendwelche "Experten" als "Propheten" zitieren. Leider sind es aber immer andere über die Zeit hinweg.
Nenne mir mal Namen von solchen Finanzexperten, die jetzt den Zusammenbruch vorhersagen. Schlimm ist es, wenn solche sogenannten Experten dann noch Publikumsfonds auflegen, die angeblich gegen diese Risiken schützen sollen, aber in Realität hohe Verluste einfahren oder auf dem Fleck stehen bleiben, obwohl der Markt sich sehr gut entwickelt. Da zeigt sich der Unterschied zwischen Quacksalbern und wirklichen Finanzexperten. Und ja, mir fallen da gleich ein paar Namen dazu ein...
Dazu solltest Du Dir mal drei Fragen stellen:
- Was ist denn genau der "Zusammenbruch" des Weltwährungsystems? Worin würde sich das äußern?
- Welche Faktoren sind derzeit vorhanden, die einen solchen Zusammenbruch fördern würden, die jedoch bei anderen Krisen und Katastrophen nicht präsent waren?
- Was verleitet Dich zur Annahme, dass nach einem Zusammenbruch des Weltwährungssystems irgendwelche Anleihen nach einigen Jahren noch bedient werden?
Du wirst feststellen, dass die Antwort auf Frage #1 ziemlich wild ausfallen wird und zu 95% aus Spekulationen und Annahmen besteht. Es mag sein, dass die Inflation oder andere Krisen einzelne Länder oder ganze Regionen in wirtschaftlich schwierige Lagen bis hin zum Staatsbankrott treiben werden. Es mag auch sein, dass Unruhen aufgrund solcher Effekte zur Destabilisierung von Ländern beitragen, die eigentlich als stabil gelten. Solange Zentralbanken weiterhin Geld drucken können und die allgemeine Geldpolitik in ihrem Währungsraum bestimmen, werden auf diese Weise ungünstige Effekte abzumindern oder zeitlich zu verzögern sein. Dafür sind Zentralbanken da. Schaut man sich die Finanzkrise 2008 an, so hat dies trotz einer massiven Disruption der Credit-Märkte weltweit eigentlich recht gut funktioniert.
Die zweite Frage wird Dir zeigen, dass die Krise, in der man sich gerade befindet, immer als die "schlimmste" aller Zeiten wahrgenommen wird. Unheilspropheten verkünden das Ende der Welt und spielen mit der Angst der Leute. Corona ist ausgelutscht, da muss es doch etwas anderes geben, das Angst macht: nehmen wir mal Monkeypox oder Hepatitis oder was auch immer... Solche Zeiten, in denen das Marktsentiment sehr negativ ist, sind für mich Zeiten zu kaufen. Momentan beginne ich schon wieder mit dem Aufstocken von Positionen in meinem Portfolio - Aktien natürlich, keine Anleihen.
Die dritte Frage führt Dich auf den Begriff der Sachwerte. Gläubiger können Anleihen kaufen, aber durch den Ausfall der Schuldner den investierten Betrag oder Zinskupons nie wiedersehen. Momentan ist die Ausfallsrate von Schuldnern etwas höher als vor Corona und in der eigentlichen Pandemiezeit, aber immer noch in der Nähe historischer Tiefs. Das siehst Du an der Bewertung von High-Yield-Bonds, die weiterhin gut bedient werden. Würde tatsächlich der Geldmarkt crashen, d.h. das Interbankensystem global Schiffbruch erleiden, so wäre ein Neustart erforderlich. Davon würden jedoch kurzfristig Sachwerte (z.B. Edelmetalle, Immobilien) als Volatilitätspuffer und mittel- bis langfristig Unternehmen (also Aktien) profitieren. Anleihen werden dann schnell wertlos, wenn alle Unternehmen in eine geordnete Insolvenz rutschen würden.
Wenn Du wirklich diese Ängste hast, dann müsstest Du jetzt in Gold und Immobilien investieren, um Kaufkraftverluste durch die drohende Geldentwertung zu konterkarieren. Dann müsstest Du in nächster Zeit verstärkt in Aktien namhafter Unternehmen mit hoher Überlebenswahrscheinlichkeit investieren, damit das zukünftige Kerninvestment jetzt günstig aufgebaut wird. Anleihen kommen mir in einer Phase der steigenden Marktzinsen überhaupt nicht in den Sinn.

Der Untergang der Währungen wird dauernd voraus gesagt. Auch der Untergang des Westens. Und der Untergang des Kapitalismus. Und des Abendlandes. Es gibt professionelle Schwarzseher, die meist irgend ein eigenes Produkt verkaufen wollen. ..
Bisher haben sich Dinge nur verändert.
Am besten ist es, wenn Du Dein Vermögen diversifizierst. Nicht alle Eier in einen Korb. Mal ne Staatsanleihe, einen Teil in ETFs, Immobilen, ... Dann bist Du am Besten auf den Weltuntergang vorbereitet.

Vielleicht, vielleicht aber auch nicht!