Enel Aktie warum ist diese stark gefallen?
Da die Enel Aktie (italienischer Stromlieferant) ziemlich stark gefallen ist, habe ich am 8. Juli 2022 solche gekauft für 5.24 Euro das Stück. Am Freitag 22.07. war der Kurs bei 4.72 Euro. Ich wohne in der Schweiz und der Eurokurs war fast 1 : 1 Kursgewinn erhoffte ich für später auch noch, wenn der Euro wieder stärker ist.
Erstens wurde am 20.07. der 2. Teil Dividende ausgeschüttet, was natürlich den Kurs senken kann. Ich frage mich ob der Kurszerfall wegen höheren Zinsen kam, da ich gelesen habe, dass Enel 52 Milliarden Schulden hat. Nachrichten, dass Enel die russischen Teile verkauft war schon am 17.06. zu lesen und deshalb mehr als 1 Milliarde Gewinn wegfallen wird.
Kann ich hoffen, dass sich Enel wieder erholt, wenn ich Geduld habe? Gekauft habe ich die Aktien mit Lombardkredit, wobei die 2. Dividende den Zins vom Lombardkredit für ein Jahr ausgleicht. Zum jetzigen günstigeren Kurs Enel nachkaufen getraue ich nicht. Ich habe nur die Hälfte des bewilligten Lombardkredits inverstiert in Enel und Swissquote Aktien. Swissquote ist bereits gestiegen.
5 Antworten
Warum eine Aktie fällt, lässt sich nicht immer so genau sagen, denn es werden nachträglich vielleicht Zusammenhänge gezimmert, die keiner so recht nachweisen kann. Im Fall von ENEL gab es jedoch im Chart klar erkennbar ein paar Punkte, an denen Kursrutsche vorprogrammiert waren.
- Seit Anfang 2021 schwächeln die lateinamerikanischen Wirtschaften immer stärker und die Aktivitäten von ENEL und Endesa leiden unter der Entwicklung. Der begonnene Umbau zu regenerativen Energien ist kostenintensiv. Mit einer stellenweise post-pandemischen Perspektive gab es auch schon Stimmen zu Zinserhöhungen. Vorhaben im Bereich von grünem Wasserstoff verzögern sich aufgrund politischer Problematiken. https://www.gtai.de/de/trade/lateinamerika/branchen/gruener-wasserstoff-in-lateinamerika-chile-ist-vorreiter-592210
- Spätestens im August 2021 war klar, dass Zinserhöhungen wahrscheinlicher werden. Die hohe Verschuldung von 52 Mrd. EUR zum Ende 2021 (um 11 Mrd. in diesem Jahr gewachsen) macht zu schaffen. Refinanzierungen werden teurer. https://www.n-tv.de/wirtschaft/der_boersen_tag/Schuldenanstieg-bei-Enel-beunruhigt-article23105291.html
- Als im März 2022 die Ankündigung kam, russische Aktivitäten würden eingestellt und innerhalb weniger Monate liquidiert, wurde das nicht freundlich interpretiert. Die Gaskraftwerke und Windparks, die noch nicht lange produktiv sind, würden mit deutlichen Verlusten verkauft werden. https://www.iwr.de/ticker/kein-geschaeft-mehr-energieversorger-enel-verlaesst-russland-artikel4208
- Im April 2022 wurden Projekte in Lateinamerika angekündigt, die über die EIB finanziert werden, jedoch auch einen großen Betrag an Eigenmitteln erfordern, die derzeit aufgrund der Marktlage in vor allem Brasilien nicht günstig zur Verfügung stehen. https://www.eib.org/de/press/all/2022-195-enel-agrees-on-eur600-million-facility-with-the-eib-and-sace-for-sustainability-linked-financing-in-latin-america
- Seit Juni 2022 gibt es politische Turbulenzen in Italien (größter Anteilseigner von ENEL ist der italienische Staat), Streiks und die Hitzewelle mit Waldbränden. Das alles hat dem italienischen Aktienmarkt generell nicht gut getan und Aktien mit Risikopotential litten besonders.
Die Hoffnung von ENEL besteht darin, dass die in den letzten 10 Jahren eingeleiteten Maßnahmen endlich Früchte zeigen, damit der Schuldenabbau vorangetrieben werden kann. Momentan sind wir wahrscheinlich nicht weit vom Boden des Aktienkurses entfernt, es könnte jedoch auch noch einen radikalen Rutsch in Richtung der 3,00 EUR geben. Es sind inzwischen die Niveaus von 2018 in Sicht und gegenüber 2018 sind zwar die Schulden kräftig gestiegen, das Unternehmen hat sich jedoch deutlich robuster in Bezug auf Energiemix und Regionen aufgestellt. Mal sehen, ob der Markt das honoriert und ENEL zeigen kann, dass sich dies auch in den Quartalszahlen jeweils niederschlagen wird.
Abschließend jedoch noch ein paar generelle Bemerkungen:
Da die Enel Aktie (italienischer Stromlieferant) ziemlich stark gefallen ist
Falsch. Eine Aktie kauft man nicht, weil der Kurs stark gefallen ist, sondern weil man dem Kurs Potential in der Zukunft beimisst. Es geht bei Aktien immer ausschließlich um die Zukunft.
Kursgewinn erhoffte ich für später auch noch, wenn der Euro wieder stärker ist
Wechselkurse unterliegen wilden Einflüssen, die bei harmlosen Privatanlegern nicht oder nur sehr verspätet sichtbar werden. Rechne nicht mit Gewinnen aufgrund von Wechselkursveränderungen, sondern sichere Dich eher sogar gegen heftige Wechselkursänderungen zu Deinem Nachteil ab.
Gekauft habe ich die Aktien mit Lombardkredit
Man kauft Aktien niemals auf Kredit, da Du damit eine festverzinsliche Darlehensverpflichtung gegen eine variable (und unvorhersehbare) Investitionsgröße in Gestalt des Aktienkurses tauschst. Risiko!
die 2. Dividende den Zins vom Lombardkredit für ein Jahr ausgleicht
Das mag Dich irgendwie beruhigen und Dir das Gefühl geben, nichts verloren zu haben, aber ist Dir klar, dass die Schweiz eine Inflationsrate von über 3% ausweist und wahrscheinlich dieses Jahr noch die 4% erreichen wird? Wenn die Dividenden nicht in die Rendite eingehen, sondern einfach von Finanzierungskosten aufgefressen werden, dann wirkt die Kursreduktion aufgrund der Ausschüttung für Dich wie ein nackter Kursrückgang ohne Kompensation.
Swissquote ist bereits gestiegen.
Seit Anfang Juli gestiegen? Innerhalb von zwei Wochen? Das ist eine Zufallsbewegung. Bei Aktien kann man nur in Jahren oder sogar Zeiträumen von 3+ Jahren denken.
Das Investment in einzelne Aktien ist riskant, da man von Unternehmenseinflüssen abhängt. Um das Risiko zu minimieren, müsstest Du eigentlich mind. ca. 50 Aktien halten (2% Risiko pro Aktie). Aufgrund von Transaktionskosten würde man Positionen nicht unter ca. 4.000 CHF wählen, d.h. das kommt dann auf ein Portfolio von 200 kCHF. Hast Du das nicht und bist Du nicht laufend mit der Beobachtung der jeweiligen Unternehmen beschäftigt, so sollten Fonds das Mittel der Wahl sein.
Aktien als Beimischung sind ja durchaus ok, wenn es bereits ein Kernportfolio in Fonds gibt, aber warum Du dringend auf Kredit ENEL kaufen musst, erschließt sich mir dann auch nicht so ganz. Da gibt es deutlich bessere Aktien, die z.B. regelmäßig Dividenden ausschütten... und das bereits seit Jahrzehnten.
@gandalf94305 hat alles gesagt.
Zieh für Dich die richtigen Schlüsse:
1.Lass die Finger von Einzelaktien. Dazu fehlt Dir die Erfahrung und Grundlagenwissen.
2.Finanziere niemals Aktienanlagen mit Krediten. Absolutes Tabu!
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Die Frage ist fast eineinhalb Jahre alt, ich denke, für FS hat sich das Thema so oder so inzwischen erledigt.
Aktien können jede Stunde ihren Wert ändern.
Korrekterweise muss man sagen, dass Aktien mit jedem Tick im Börsenhandel ihren Kurs ändern können - außer sie werden nicht im fortlaufenden Handel, sondern in Auktionen gehandelt. Dann gibt es nur ein paar Auktionen pro Tag - und das ist seltener als alle Stunde.
Herzlichen Dank für die umfangreichen Infos zu Enel. Ich habe noch Fonds im Depot, deshalb bekam ich den Lombardkredit.