Steuerschätzung trotz Steuerberater erlaubt?

4 Antworten

Wenn der Betriebsprüfer kommt, gibt es erst einmal viele Fragen, die zu beantworten sind. Nach Abschluss der Prüfungshandlungen und Auswertung der Ergebnisse gibt einen Entwurf des Prüfungsberichtes mit der Bitte um Stellungnahme.

Wird nicht  bzw. nur teilweise Stellung genommen oder - wie ich es öfter erlebt habe - die Stellungnahme durch das Finanzamt tatenlos zur Kenntnis genommen oder sind die Feststellungen des Prüfers unbestritten, ergehen Änderungsbescheide und der endgültige Prüfungsbericht liegt den Bescheiden als Grundlage bei.

In jeder dieser Phasen hat man die Möglichkeit, gegen unzutreffende Feststellungen des Prüfers vorzugehen. Man muss es aber auch tun. Tut man es nicht, ist das Schiff noch nicht am Sinken, aber es wird halt arbeitsintensiver und damit auch teurer, die Kuh vom Eis zu holen.

Was hier in dieser Situation konkret zu tun ist, hängt davon ab, wie die Prüfungsfeststellungen lauten und wie Prüfer und Steuerberater bisher damit umgegangen sind.

Dazu kann man hier aber nichts sagen, da nicht mal erläutert wurde, um welche Steuerart es überhaupt geht, und welche Feststellung hier zu einer Änderungsfestsetzung führt.

Nur eines ist klar: Selbst wenn das Exceldings verworfen wird und statt dessen geschätzt wird, muss das Finanzamt seine Schätzungsgrundlagen erläutern. Einfach so ins Blaue hineinschätzen wäre natürlich das Beste, damit kann man sie am Einfachsten auseinandernehmen.

Und bei 3.500 Euro Bruttoeinnahmen pro Monat können keine 4.000 Euro Steuernachzahlung pro Jahr zusammenkommen, da muss also irgendwas nicht stimmen. Was das ist, muss man ermitteln und dann taktisch richtig dagegen vorgehen.

Ein einfacher AdV-Antrag reicht hier nicht.

Ähnlich wie @EnnoWarMal, wundert es mich, dass Dir die Situation erst 9 Tage vor dem Zahlungstermin aufstößt.

Eine Betriebsprüfung hat eine Schlussbesprechung. Bei der muss der Prüfer gesagt haben was er warum dazu schätzen möchte.

was mir auffällt, 3.500,- Euro monatliche Einnahmen sind 42.000,- im Jahr. darin enthalten ca. 6.700,- Euro Umsatzsteuer. Kraftstoffkosten runter, da sind Dir ja nach Abzug der AfA für den Wagen kaum 1.000,- Pro monat geblieben.

Wieviel verkaufte Kilometer hast Du denn pro Jahr gehabt im Verhältnis zur Gesamtfahrleistung.

Was ich vermute, der Prüfer hat Dir die geringen Einnahmen im Verhältnis zur Kilometerleistung des Wagen nicht geglaubt.

Aber das muss der Prüfer Dir und Deinem Steuerberater entweder in der Schlussbesprechung, oder spätestens im Prüfungsbericht genau vorgerechnet haben.

Deine Überraschung kann ich also nicht ganz nachvollziehen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Steuerbevollmächtigtenprüfung 1979, Steuerberaterprüfg .1986

Das ist richtig.

Trotzdem wäre es hilfreich, wenn man etwas dazu sagen könnte, was jetzt zu tun ist. Kann man aber nicht, da die Fakten fehlen.

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@EnnoWarMal

Dss der Kollege Einspruch eingelegt hat, ist für mich ein Zeichen, dass man bei der Schlussbesprechung keine Einigung erzielen konnte.

AdV wird beantragt sein udn ich vermute der Vorgang landet vor dem FG.

Was ich dem Frager raten würde, wenn er mein Mandant wäre:

Bei monatlichen Einnahmen von 3.500,- und meiner schon oben gemachten Kalkulation, wird er seine Lebensqualität steigern können, wenn er die Lizenz mit Wagen verkauft und als Fahrer arbeitet. Da wird er auf mehr als 1.000,- netto kommen können, während er ja als Selbständiger knapp über ALG II Niveau arbeitet.

3.500,- Einnahmen bei durchschnittlich 15,- Euro die Fahrt sind ca. 230 Fahrten a 8 Kilometer. 1.850 Kilometer. Kraftstoffe 170-190,- Euro. Reparaturen, Steuer Versicherung. Abschreibungen.

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@wfwbinder

dass man bei der Schlussbesprechung keine Einigung erzielen konnte.

Ich habe es in der jüngeren Vergangenheit mehr als einmal erlebt, dass eine Schlussbesprechung abgehalten wurde, aus der alle einigermaßen zufrieden herausgegangen sind.

Und trotzdem waren die Bescheide nebst Prüfbericht dann so, als hätte die Schlussbesprechung nicht stattgefunden.

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Hat denn Dein Steuerberater von der Excel Tabelle gewusst? Oder hast Du die nur intern bei Dir genutzt? Wenn der Steuerberater davon gewust hat, ist hier in jedem Fall ein Wechsel angesagt. Die Steuerberater kassieren gern bei Klein-Betrieben ab, ohne sich um korrekte Unterlagen und Belegt zu kümmern. Dies wird gern auf die Mandanten abgewälzt.

Des weiteren ist zu klären, auf das diese Reglung zurückgeht. Das mit der nichtakzeptieren von Excel Tabellen war nicht immer so. 2009 hat niemand Excel Tabellen genutzt für solche Zwecke.


Wann und Wie? – Form des Fahrtenbuchs- Fortlaufend und zeitgerecht i.S. des § 146 Abs. 1 S. 1 AO (BFH-Urteil vom 6. August 2013 VIII R 33/11). Die Fahrtenbuchmethode ist nur dann zu Grunde zu legen, wenn das Fahrtenbuch für den gesamten Veranlagungszeitraum geführt wird, in dem der Stpfl. das Fahrzeug nutzt;ein unterjähriger Wechsel von der 1-%-Regelung zur Fahrtenbuchmethode für dasselbe Fahrzeug ist nicht zulässig (BFH vom 20. März 2014, VI R 35/12).
- im Anschluss an die jeweilige Fahrt,- geschlossene Form, d.h. „Buch“ – Gestalt inkl. elektronischem Buch (lose Aufzeichnungen reichen nicht aus – BFH-Urteil vom 12. Juli 2011 VIB 12/11), auch nicht Monatsblätter, die nicht miteinander verbunden waren (BFH-Urteil vom 10. Juni 2013 X B 258/12, BFH-Urteil vom 6. August 2013 VIII R 33/11, zum elektronischen Buch vgl. OFD Rheinland vom 18. Februar 2013 in DB 2013 S. 489 und FG Baden-Württemberg vom 14. Oktober 2014, 11 K 736/11),- für regelmäßig wiederkehrende Fahrten Abkürzungen zulässig,
- Nachträge sind auszuschließen oder müssen zumindest deutlich als solche erkennbar sein (BFH vom 12. Oktober 2012 III B 78/12),
- übersichtlich und lesbar (BFH/NV 2012 S. 949)
- dadurch mit vertretbarem Aufwand Stichproben möglich (BFH vom 6. August 2013 VIII R 33/11)
- vollständig und richtig i.S. des § 146 Abs. 1 S. 1 AO (BFH-Urteil vom 6. August 2013 VIII R 33/11),- Geordnet gem. § 146 Abs. 1 S. 1 AO,
- Aufbewahrung gem. § 147 AO.

aus https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrtenbuch

Fazit das mit dem "elektronischen Fahrtenbuch" ist erst 2011 entschieden worden und gilt erst ab diesem Datum,

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Der Betriebsprüfer hat bei dir festgestellt, dass das Fahrtenbuch über eine Excel-Tabelle geführt worden ist. Das ist allerdings wegen der Fälschungssicherheit unzureichend. Soweit dann keine entsprechenden schriftlichen Aufzeichnungen vorlagen, wird das durch entsprechende Sicherheitszuschläge kompensiert.

Einspruch hat dein StB ja bereits eingelegt. Interessant wäre jetzt ja zu wissen, ob er auch Aussetzung der Vollziehung beantragt hat - dann nämlich würde erst einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch die Steuer fällig werden. Dazu bedarf es jedoch einer entsprechenden Einspruchsbegründung, denn eine AdV darf nur gewährt werden, wenn bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßgikeit des Verwaltungsaktes bestehen. Ggf. kann man sich im Rechtsbehelfsverfahren auf geringere Hinzuschätzungen einigen. Ohne den BP-Bericht gelesen zu haben, kann ich da zu den Erfolgsaussichten jedoch wenig sagen.

Wenn die Aussetzung der Vollziehungs abgelehnt wird (was ich allerdings nicht glaube), ist die Steuer am Fälligkeitstag zu entrichten. Vollstreckungsmaßnahmen würden erst einen Monat nach Fälligkeit losgehen. Dann müsstest du dich mit der Erhebungsstelle des FA auseinandersetzen, und einen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 258 AO stellen. Dabei ist zu beachten, dass das FA i.d.R. das Geld dann jedoch in max. 6 Monatsraten haben möchte. Du musst dann auch deine gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen und dich um entsprechende Kredite bemüht haben.

" ob er auch Aussetzung der Vollziehung beantragt hat - dann nämlich würde erst einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch die Steuer fällig werden. "

und 

Vollstreckungsmaßnahmen würden erst einen Monat nach Fälligkeit losgehen.

Das Dumme an Halbwissen ist, dass es so gefährlich ist. Der Antrag auf AdV kann auch abgelehnt werden und dann hat es gar nichts gebracht, außer dass man zum FG rennen muss.

Und momentan sind die Finanzämter sehr fix mit Vollstreckungsmaßnahmen, jedenfalls unsere hierzustadt™ und in der Umgebung.

Im Übrigen sehe ich hier entweder taktische Fehler des Steuerberaters - oder aber eine unvollständige Sachverhaltsdarstellung.

Hier hätte man sicherlich anders anfassen müssen.

Es mag ja sein, dass das Excel-Fahrtenbuch verworfen wird und es da zu einer Schätzung kommt. Aber auch eine Schätzung darf nicht zu einer "Strafsteuer" führen. Eine Steuernachzahlung (welche Steuerart überhaupt) von 4.000 Euro pro Jahr (wahrscheinlich sind auch noch Zinsen in der Summe mit dabei) ist bei einem Selbständigen mit 3.500 Euro Monatsumsatz ziemlich unwahrscheinlich. Hier hätte es schon mal nicht zu Änderungsbescheiden kommen dürfen, dafür gibt es ja den Prüfungsbericht.

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@EnnoWarMal

Wenn der AdV-Antrag abgelehnt wird - was, wie gesagt, m.E. eher unwahrscheinlich ist, kann immer noch ein AdVo-Antrag gestellt werden, den man klugerweise schon entsprechend vorbereitet hat. Jedenfalls teilweise sollte AdV gewährt werden, wenn noch entsprechende Unterlagen vorhanden sind und eine diesbezügliche Begründung nachgereicht wird.

Deine Aussage verstehe ich insofern nicht ganz - wenn AdV abgelehnt wird, steht mir immernoch der Weg zum FG frei, und bis über diesen Antrag entschieden worden ist, sind Vollstreckungsmaßnahmen ohnehin unzulässig. Beim FA hat man ja kein Kostenrisiko, von daher würde ich immer den AdV-Antrag stellen.

Vollstreckungsmaßnahmen gehen übrigens erst frühestens 6 Wochen nach Fälligkeit los, da nach 2 Wochen eine Mahnung und nach 2 weiteren Wochen eine Ankündigung der Vollstreckung maschinell erstellt wird. Erst nach 2 weiteren Wochen kommt eine Rückstandsanzeige ans FA, die verwaltungsintern zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen berechtigt.

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@tt290

kann immer noch ein AdVo-Antrag gestellt werden

Völlig falsche Taktik. Damit signalisiert man, den Kampf aufgegeben zu haben. Mehr nicht.

Und das mit den 6 Wochen solltest du mal den hiesigen Finanzämtern erklären. Wenn sie dann fertig sind mit Lachen, geht's los.

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@EnnoWarMal

Was wäre denn deine Alternative, wenn AdV durch FA und FG abgelehnt worden sind und man Vollstreckungsmaßnahmen vermeiden möchte? Bleibt außer AdVo ja nichts übrig - Stundung scheidet aus. Welchen Einfluss sollte es auch auf das Rechtsbehelfsverfahren haben, ob ein AdVo-Antrag gestellt worden ist? Im Einspruchsbescheid wird wohl nicht als Begründung drin stehen, dass der EF aufgrund seines Antrags mit den Zahlen der BP doch einverstanden ist.

Und wie läuft das mit den 6 Wochen bei euch? Wird direkt nach Fälligkeit vollstreckt, ohne Mahnung, ohne Vollstreckungsankündigung? Da das Erhebungsverfahren insoweit bundesweit einheitlich ist, kann es nicht sein, dass eine RA in einem Bundesland eher kommt als in einem anderen. Es sei denn, der Bearbeiter fordert sich manuell eine RA an, was aber nur bei einem laufenden Vollstreckungsfall Sinn ergeben würde.

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