Mindestlohn bei einem Dienstleistungsvertrag mit einem polnischen Unternehmen

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Es gibt hier eine schwierige Gemengelage, zu Dir ich Dir gerne eigene Informationen beitrage.

Bislang wurde auf polnischer Seite sehr getrickst, weil offenbar die Pflegeleute zu sehr auf den erhaltenen Überweisungsbetrag schielten. Das poln. Gehalt wurde niedrig und die Aufwandsentschädigung hoch angesetzt, so dass die dortige Lohnsteuer minimiert wurde. Das erfolgt(e) aber wohl im Einklang mit den dortigen steuerlichen Spielräumen. Zugleich wurde durch den niedrigen Gehaltsansatz auch entsprechend wenig in die Rentenkasse eingezahlt, so dass hierdurch bewußt oder unbewußt eine Armutsverlagerung auf später stattfand.

Die deutsche Mindestlohnverordung wurde auch im mir bekannten Fall als Argument für eine kräftige Mehrkostenforderung von ca. 12 % genommen, ohne dass die zuvor zugrundeliegenden Parameter (z B. Stundenzahl, Bruttogehalt, Auslösung etc.) kommuniziert wurden. Eine konkrete Bewertung der deutschen Sachleistungen fand bzw. findet ebenfalls nicht statt. Aber nachdem diese Mehrkostenforderung wegen fehlender Leistungsfähigkeit seitens des deutschen Patienten abgelehnt und der Wechsel zu einem bezahlbaren Dienstleister in Aussicht gestellt wurde, einigte man sich auf eine sehr geringe Preisanpassung (ca. 2 - 3 %) und den dauerhaften Einsatz bestimmter benannter Pflegekräfte (um hier keinen "Taubenschlag" zu haben).

hat im Gegenzug keinerlei Aufwendungen für das tägliche Leben

Die ist natürlich eine sehr mutige, vielleicht sogar weltfremde Annahme. Die Pflegekraft hat idR natürlich noch ein polnisches Zuhause, wofür diverse Kosten entstehen und wenn es nur Wohnkostenbeteiligungen sind. Hinzu kommt natürlich gfls. die eigene Fahrzeughaltung.

Vielleicht ist der hier vorliegende Pflegefall (Stufe II) anders strukturiert, weil u.a. noch ein deutscher Pflegedienst vermittelnd, begleitend eingeschaltet ist, der für kurzfristigen Personalersatz bei Krankheit, Nichtverfügbarkeit der poln. Pflegekraft sorgen muss. Das Ausgangspreisniveau des poln. Dienstleisters lag hier schon bei ca. € 2.100/Monat, also doch erheblich über Deinen € 1.800/Monat.

Die Bemerkungen mit der "Trickserei" auf polnischer Seite sind durchaus auch in diesem Fall zutreffend, denn es wird wirklich vertraglich nur der polnische Mindestlohn ausgewiesen und und der Restbetrag andereitig vergütet. Aber auf dieses Gebaren habe ich keinen Einfluß, denn es verstößt offenbar nicht gegen das polnische Recht.

Natürlich habe ich das mit den Aufwendungen im täglichen Leben etwas spitz formuliert, aber nachdem ich ebenfalls viele Monate in Polen wohne, weiß ich, dass speziell bei unserer Pflegekraft zuhause keine 150,- € Fixkosten je Monat anfallen.

Des weiteren hatten wir auch im Vertrag festgeschrieben, dass wir keinen Personalwechsel wollen, sondern dass bei allen Heimataufenthalten oder Ausfällen ein Familienangehöriger die Pflege übernimmt.

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Resümee:

Im Gespräch mit dem polnischen Unternehmen hat sich nun herauskristallisiert, dass nicht das Mindestlohngesetz wie im Schreiben mitgeteilt wurde für die Kostenerhöhung verantwortlich ist, sondern die tatsache, dass der polnische Arbeitgeber ab Januar 2015 die gesamten Einkünfte des entsandten Mitarbeiters der Steuer- und Sozialversicherungspflicht in Polen unterwerfen will. Damit der Mitarbeiter aber in seinem Nettoeinkommen keine Einbußen hinnehmen muss, sollen die Mehrkosten auf den deutschen Vertragspartner umgelegt werden. Bisher hatte der polnische Arbeitgeber nur den polnischen Mindestlohn diesen Abgaben unterworfen und die überwiegende Auszahlung steuer- und sozialversicherungsfrei vorgenommen. Die neue Abrechnungsmethode würde für den Mitarbeiter etwa 20% Einbuße bei seinem Einkommen bedeuten - das will man vermeiden.

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@Snooopy155

Ich danke Dir für diesen wertvollen Nachtrag, der die Sache doch nun ganz anders begründet. Mal sehen, ob ich dazu auch noch was in Erfahrung bringen kann.

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  1. Wenn das polnische Unternehmen in Deutschland leistet, ist es an den Mindestlohn gebunden.

  2. die Werte für Sachbezüge findest Du hier: http://www.lohn-info.de/sachbezugswerte_2015.html Ab 2015 sind somit Unterkunft udn Verpflegung mit 452,- Euro zu versteuern.

  3. für die Berechnung des Mindestlohns ist wichtig, wieviel Stunden für die Bezahlung zu Grunde zu legen ist. Problem, es gelten für jeden Monat isoliert die wirklichen Arbeitsstunden. Also im Februar kommt bei Gehältern ein anderer Stundenlohn raus, als im Juli, oder August.

  4. Im Prinzip geht es ja schon darum sich zu einigen, Einer will etwas haben, der andere muss bereit sein zu zahlen. Verpflegung/Unterkunft = Kost und Logis, ist auf jeden Fall mit ca. 15,- Euro täglich der Lohnsteuer udn Sozialversicherung zu unterwerfen, es spricht also viel dafür den Betrag auch für die Berechnung des Mindestlohnes mit einzubeziehen.

Pkt .1 + 3 waren mir klar, dies ist auch Bestandteil der Vertragsänderung. Pkt. 2 war mir nicht bekannt, dass es pauschalierte Werte gibt, die herangezogen werden.

Fazit: ich werde die Zusatzvereinbarungen unterschreiben, aber in diesem Dokument die Preiserhöhung streichen, dann kann man gesondert über eine Preiserhöhung verhandeln. Da man es innerhalb der beiden letzten Jahre auf polnischer Seite nicht geschafft hat, diese Pflegeperson mit einer deutschen Gesundheitskarte auszustatten habe ich auch ein entsprechendes Druckmittel.

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Ich kenne mich mit dem Sachverhalt zu wenig aus, um qualifiziert zu antworten. Aber wenn ich lese, dass sowohl eine polnische als auch eine deutsche Agentur dazwischenhängen, dann überkommt mich das Gefühl, dass die Agenturen mehr verdienen als die den Job ausführende Pflegekraft. Ich habe auch von Tricksereien in diesem Bereich gelesen. Je mehr Agenturen involviert sind, desto höher also der Preis, den der Gepflegte zu zahlen hat. Ich würde versuchen, direkt mit der Pflegekraft einen Vertrag zu schließen. Davon profitieren beide. Die Pflegekraft erhält ein höheres Gehalt, ist also motiviert, und der Patient bezahlt weniger bzw. einen angemessenen und den deutschen Gesetzen entsprechenden Lohn.

Wo habe ich in meiner Frage geschrieben, dass eine deutsche Agentur mit involviert ist?

Des weiteren empfehle ich jedem sich im Bedarfsfall sich mit dem jeweiligen Arbeitsrecht auseinanderzusetzen. Dein Vorschlag, die Pflegekraft selbst einzustellen hat gewaltige Nachteile gegenüber einem Dienstleistungsvertrag - sei es nach deutschem oder polnischen Recht. Bei der direkten Beschäftigung ist man der Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten und Risiken. Urlaubsanspruch und Urlaubsvertretung, Ausfall bei Krankheit und Ersatzbeschaffung sowie Lohnfortzahlung, Vertragsbeendigung wenn die ausgewählte Person nicht den Vorstellungen entspricht oder die "Chemie" zwischen Pfleger und Betreutem nicht stimmt.

Motivation erreicht man oftmals viel besser, wenn man selbst Zusatzleistungen erbringt, die der Betreuerin den Aufenthalt und die Arbeit erleichtern.

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Vertrag ist Vertrag und muss zunächst auch vollständig beiderseits erfüllt werden. Die Veränderungen sind ganz sekundär und müssen nicht akzeptiert werden. Du kannst Dich also auch weigern etwas zu ändern. Deine Pflicht ist NUR was in dem Vertrag vermerkt ist. Wenn das polnische Unternehmen sich nicht an den ursprünglichen Vertrag hält, könntest Du es verklagen, jedoch in Polen.

Die Veränderungen sind ganz sekundär

Was bedeutet das?

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@gammoncrack

Es gibt eine Webseite, wo man vieles herausbekommen kann, diese nennt sich: GOOGLE :)

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Natürlich müssen Vertragsänderungen nicht akzeptiert werden. Aber deshalb sind sie nicht "sekundär".

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Vertrag ist Vertrag und muss zunächst auch vollständig beiderseits erfüllt werden. Die Veränderungen sind ganz sekundär und müssen nicht akzeptiert werden.

Das ist eine eigenartige Ansicht für geforderte Vertragsänderungen, soweit diese durch gesetzliche Änderungen bedingt sind. Dem Dienstleistungsnehmer droht nämlich eine Vertragskündigung wegen Fortfall der Geschäftsgrundlage. Und dann steht er sehr kurzfristig im Regen.

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@TOPWISSENinfo

Schade, denn guck mal im Fragetext:

Nun tritt dieses Unternehmen an mich mit Vertragsänderungen heran, die aus dem deutschen Gesetz zum Mindestlohn für sie entstehen sollen.

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@LittleArrow

Also gesetzliche Änderungen sind auch hier noch nicht ersichtlich. Es mag sein, dass das Unternehmen mit Gesetzen argumentiert, welche es aber schon vorher gegeben hatte, nur um etwas mehr abzukassieren. :) Also alles sehr schwammig....

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