häusliches Arbeitszimmer durch ärztliches Attest
Hallo,
Mit Beginn des Jahres erlaubt mir mein Arbeitgeber an drei Tagen von zu Hause zu arbeiten. Mir steht jedoch ein fester Arbeitsplatz in unserem Büro zur Verfügung.
Nach meinem Verständnis ohne besonderen Grund also steuerlich nicht absetzbar.
Gilt das auch, wenn örtliche Verlagerung aus dem Büro auf Basis eines Betriebsärztlichen Gutachten erfolgte? Ich sitze normalerweise in einem Großraumbüro, dass mich langsam aber sicher zu Grunde richtet. Nach dem Gutachten hat der AG eingelenkt. Allerdings nur 3 von 5 Tagen. (Wie das Gutachten es vorschlägt)
Zuwendungen vom AG sind: Laptop und Handy benutze ich zu Hause und im Büro. Papier, Toner, Stifte etc bezahlt der AG.
Einrichtung, Geräte (wie Drucker, Bildschirm, weitere Telekommunikation), Strom, Heizung, Internet und Festnetz etc bezahle ich. Wir wohnen im Eigentum. Das Arbeitszimmer ist abgeschlossen und wird auch nicht anderweitig genutzt.
Eine Pauschale zahlt der AG mir nicht. Dieses ist bei uns üblich für Kollegen die z. B. im Vertrieb ausschließlich ein Homeoffice haben.
Wie stehen meine Chancen und was kann ich eurer Meinung eventuell absetzen.
3 Antworten
Ob ein betriebsärztliches Attest genügt, möchte ich in Zweifel ziehen. In würde mir das zusätzlich vom Amtsarzt bestätigen lassen.
Unstrittig als Werbungskosten absetzbar wären die Fahrten zur Arbeit und die Arbeitsmittel im häuslichen Arbeitszimmer.
Das Arbeitszimmer selbst (Abschreibung, ggf. Schuldzinsen anteilig) und anteilige Kosten für Strom, Heizung/Gas, Wasser, Müllgebühren, Hausversicherungen, Internet und Telefon wären nur abzusetzen, wenn die Voraussetzungen für das steuerlich anerkannte, häusliche Arbeitszimmer gegeben sind.
Der Knackpunkt besteht nun darin, was Du im Arbeitszimmer und was im Büro wirklich tust. Die Tatsache, daß drei von fünf Tagen im Home Office verbracht werden, deutet schon darauf hin, daß das Home Office entsprechende §4 Abs 5 Nr 6b EStG nämlich "den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet" bzw. bilden könnte.
Handelt es sich also bei den zwei Tagen im Büro um die Essenz Deiner Arbeit, während nur untergeordnete Tätigkeiten an den übrigen drei Tagen im Home Office erledigt werden, so dürfte es schwer werden, die Anerkennung einer unbeschränkten Absetzung von Kosten durchzubringen. Handelt es sich dabei im Home Office jedoch um die eigentlichen kreativen, ingenieurmäßigen oder planerischen Aufgaben, die Dein Arbeitsinhalt sind, und lieferst Du quasi nur die Ergebnisse Deiner Arbeit an die Kunden und Kollegen an den übrigen zwei Tagen (von denen Du vielleicht noch einen Teil auf Dienstreisen verbringst) ab, dann wäre der Mittelpunkt der Arbeit das Home Office.
Vielleicht solltest Du jetzt noch sagen, welcher Art Deine Tätigkeit ist.
Die primäre Argumentationslinie wäre für den "Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit":
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Die zeitliche Verteilung der Arbeitszeit ist bereits so, daß 60% der Arbeitszeit im Home Office vertraglich festgelegt sind (zeitlicher Schwerpunkt).
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Die eigentlichen Arbeitsleistungen lt. Arbeitsvertrag und Stellenbeschreibung kannst Du im Großraumbüro nicht erbringen, da die Umgebung dem (siehe betriebsärztliches Gutachten) dies nicht ermöglicht.
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Der fachlich-inhaltliche Schwerpunkt der Tätigkeit wird somit im Home Office erbracht.
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Damit ist das Home Office Mittelpunkt Deiner gesamten beruflichen Tätigkeit - zeitlich wie fachlich-inhaltlich.
Sollte trotz heftigen Insistierens das Finanzamt nicht dazu zu bewegen sein, dies anzuerkennen, wäre eine Rückfallposition die begrenzte Abzugsfähigkeit bis 1.250 EUR, denn es steht im Betrieb kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung (siehe Gutachten). Die Nutzung des betrieblichen Arbeitsplatzes ist nur eingeschränkt und für bestimmte untergeordnete Tätigkeiten möglich.
Hallo Gandalf94305,
Vielen Dank für deine sehr ausführliche und klare Antwort.
Von Beruf bin ich Projektingenieur im Vertrieb. Ich erstelle kompexe Angebote für unsere Kunden. Man arbeitet auch schon mal zwei bis drei Wochen an einem Projekt. Es kann aber auch nur vier Mannstunden dauern. Dafür sitze ich ca. 90 % meiner Arbeitszeit am Platz.
Es gibt Tätigkeiten, für die ich auf jeden Fall den Firmenstandort aufsuchen muß oder in Deutschland unterwegs bin:
- Schulungen und Fachtagungn (50:50 in der Firma oder irgentwo in Deutschland geschätzt 15 - 20 Tage p. A.)
- Zweite Unterschrift vom Vorgesetzten wenn das Angebot fertig ist (kurz)
- Applikationstests direkt an Geräten und nicht im Büro (0 - 5 h im Monat)
- Dokumentation und Postversand ist dann am Standort sicher am schnellsten und sichersten) max 1 h pro Projekt.
Meine Kollegen im Projektteam sehe ich in der Regel gar nicht (Telefon /E-Mail) Die Kollegen der Abteilung arbeiten zeitlich nur sehr begrenzt in meinen Projekten. (Man könnte das ebenfalls per Mail/Intranet/Telefon abhandeln).
Es ist sicher von Vorteil ab und zu mit den Kollegen einen Kaffee zu trinken. Dann ist die Zusammenarbeit oft auch angenehmer. Das bekommt man von zu Hause sicher nicht hin.
Bleibt jetzt die Frage: Wie gehe ich beim Finanzamt vor. Mein Arbeitgeber hat mir die Freigabe bisher nur per Mail erteit....(geht doch) Vermutlich benötige ich für das Finanzamt einen offiziellen Brief der Arbeitgebers.
Deine Argumentationslinie könnte wie folgt aussehen:
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der Betriebsärztliche Dienst sagt, Du mußt an 3 Tagen pro Woche in einem Einzelbüro arbeiten.
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Ein Einzelbüro steht im Betrieb nicht zur Verfügung
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Damit steht für diese 3 Tage kein geeigneter Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung.
Das wäre zwar etwas günstiger, um ggf. über 1.250,- zu kommen, aber es steht einfach ein vollständiger Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung, der auch an zwei Tagen genutzt wird. m. E. führt die Argumentation zur Ablehnung.
Warten wir mal auf EnnoBecker
Sehe ich genauso. Ich denke, der Fragesteller kann sich direkt auf FG Rheinland-Pfalz (19.01.2012 – 4 K 1270/09) berufen und sollte die Sache bei Ablehnung auf jeden Fall mit Bezug auf BFH VI R 40/12 offen halten.
Hallo wfwbinder,
vielen Dank für deinen Vorschlag. Dein Ansatz ist knackig und gut.
Das geht doch bestimmt nur mit schriftlicher Bestätigung der Personalabteilung. Schwierig.......Wenn ich das auf der Arbeit so diskutiere, zieht der AG vielleicht zurück. Gesundheit geht vor! Man sieht schon jetzt die Gefahr, dass es bei uns Nachahmer geben wird.
Wie sind die Chancen, dass man ohne Bestätigung des AG damit durchkommt? Das Betriebsärztliche Gutachten habe ich bereits und könnte es beilegen.
Ich würde primär auf die Argumentation "Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit" abheben, um eine unbegrenzte Abzugsfähigkeit zu erreichen. Abhängig davon, wo die Hauptleistung des Arbeitnehmers erbracht wird, wäre neben dem zeitlichen Indiz dies ggf. begründbar.